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Ensemble

Ensemble

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Zeit ist knapp. Zeit ist Geld. Zeit ist "Verschwende deine Jugend". Zeit ist eine Lüge. Zeit ist relativ. "To contemplate / all these / assumptions" hält Ein-Mann Ambient-Popper Olivier Alary dagegen.
Es ist wie eine kleine Zeitreise, diese Album. Ganz weit zurück in ein Alter, das in der Erinnerung nur aus Bildfetzen besteht. Apfelbäume, Schnee, der Geruch von Schnee und Regen, Fußspuren, die Hand des Vaters auf den Schultern. Das sind Bilder, die Ensemble herauf beschwören können. Das ist schon mal mehr als viele andere Künstler, die sich avantgardistisch nennen. Denn eine Spur Avantgarde hat auch Ensemble. Dabei beginnt es ein wenig schnulzig. Ein kleiner, elektronischer, regennasser Walzer ist "Summerstorm". Und er endet in einem ausufernden, stetig anschwellenden Ambient-Pop. In Jazz-Elementen. In Electronica. Folk. Noise. Ruhe und Lärm sind bei Alary zwei penibel ausgearbeitete Gegensätze, die sich dabei die Waage halten. Postcore für Veganer. Einen Song wie "One Kind Two Minds" hätte so auch Ben Gibbard schreiben können. Ohne allerdings den Song vornehmlich durch Noisiges Rauschen und Fiepen zu verhunzen. Genau das macht Alary aber. Und greift dann trotzdem wieder ein in das menschliche Zeitgefühl, beschwört eine Melancholie herauf, bricht sie ab, lässt minutenlang den Wind rauschen, "macht" Stille. Nur um mit "Disown, Delete" den Teppich vor Chan Marshall alias Cat Power auszubreiten und sie zu sanftem Glockenspiel ihre befremdlichen Worte hauchen zu lassen. Der Rauch steigt auf in ihrer Stimme. "Silence make you the way" singt sie. Und singt dabei auch die halbe Wahrheit des wunderbaren Ensemble-Projekts. Nach dem Debüt "Sketch Proposals" hat es Alary geschafft, sich selbst die Krone auszusetzen. Er begeisterte damit nicht nur Björk, die das Ensemble-Debüt während der Aufnahmen zu "Vespertine" stetig hörte. Er begeisterte damit auch die Musiker-Kollegen Chan Marshall (Cat Power), Lou Barlow (Sebadoh, Dinosaur Jr.) und Adam Pierce (Mum, Mice Parade). Und letztlich auch mich. Morgen habe ich das Album vielleicht wieder vergessen. Im Moment knistert es aber noch in der Anlage. Ein Kleinod.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / 49:14 / Ambient-Postcore-Pop

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