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Tilly And The Wall

Bottoms Of Barrells

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Im Indie-Legoland bimmelt immernoch der musikalische Flohzirkus. "Bottom of Barrels" macht einmal mehr deutlich: in Omaha steht die Schokoladenfabrik, nicht in Bottrop.
Mit dem stampfenden Chospel-Blues "Patience, Babe" öffnen Tilly and the Wall zum zweiten mal ihre kleine Spielbox, um aus dem Inhalt ein kleines, hoffnungsvolles Gemälde zu zimmern, das selbst dem letzten Miesepeter ein Lächeln entlocken soll. Wird es wohl nicht, weil es genugend Menschen gibt, die der Musik Tilly's böses wollen. So viel muntere Unbedarftheit, damit muss man ja anecken. Das haben die Fünf aus Omaha mit ihrem gleichnamigen Debüt (anfang des Jahres erst in Deutschland erschienen) schon bewiesen. Folk, Pop, Blues, viel Pop, Folk, Stepptanz. Das muss zwangsläufig einigen Menschen auf die Nerven gehen. Aber, und das ist ja das schöne an der (ob gewollten oder ungewollten) Provokation, es gibt genauso viele Bewunderer dieser Band, zu denen ich mich im Zweifelsfall zählen möchte. Warum im Zweifelsfall? Nun, "Bottoms of Barrels" ist konsequent, eigentümlich und wieder eine gutes Beispiel für die Unbeugsamkeit der Musiker aus Omaha. Aber es nervt sehr schnell auch. Frühestens bei "Urgency", spätestens bei "Coughing Colours". Dazwischen liegen allerdings noch drei Übersongs. "Lost Girls" ist ein so gradliniger Folksong, den man bei dieser Band kaum für möglich gehalten hätte. "The world, it really is on fire & it burns" heisst es da. Hat sich da etwas die Melancholie eingeschlichen? Ja, nur war die auch schon beim Debüt zu finden. Man durfte sich nur nicht blenden lassen. Denn vor allem die Texte strotzen nur so vor abgründigen Sarkasmus. Auch "Bad Education", dieser kleine Tex-Mex-Ausflug, gehört zu den gelungenen Experimenten dieses Albums. Eine Geige, ein Klavier, eine tiefe, romantische Traurigkeit lässt den Song beginnen, um unvermittelt in einem Geklapper und Gejauchze zu explodieren. "You broke your fingers in the climb / scuffed up all your pretty shine / you’ve got your air so thin / I think you blew it, did I blow it? / you fell into it". Wer hier noch von kindlicher Naivität spricht, hat eindeutig etwas nicht begriffen. Tatsache also: Tilly and the Wall machen weiterhin klugen, energiegeladenen, außergewöhnlichen Indie-Folk-Pop. Weiterhin!

Bewertung: 7 von 10 Sternen / 49:14 / Indie-Pop

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