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MISC - sellfish.de Beifang 12/06 | 02

Miscellaneaus: Genrekram*EP*Vinyl*MCD*Sampler*Demos*Soundtrack

Eine neue Heimat bei sellfish.de: Für Sachen, die normalerweise unterzugehen drohen. Oft verdient und von manchen verachtet lassen sich in dieser Rubrik immer wieder auch echte kleine Perlen entdecken...

Emocore vs. Psychedelic Rock, Österreich vs. Belgien

mit: Law Found Guilt | Hynos 69

Bei der Quasi-Debüt-EP von Law Found Guilt ist keinesfalls alles so grau in grau, wie es uns das Artwork vermitteln will. Die vier Österreicher haben ihre Hausaufgaben gemacht und viel in sich aufgesogen, was in den letzten Jahren in Sachen Hardcore, Emo und Screamo passiert ist. Zwar wirken einige Passagen auf „Aspahlat And Concrete” (Finest Noise Releases / Radar) schon etwas zu klischeehaft, der Gesamteindruck stimmt aber. Gesang und Geschrei wechseln sich schön ab und bemühen sich darum den genretypischen Pathos weitestgehend zu vermeiden. Nicht immer ganz taufrisch, ist aber viel erträglicher als so manch andere Veröffentlichung im Trend der harten Musik. Auf Metalcoreparty hat man zum Glück weitestgehend verzichtet und so manches Riff kann durchaus gefallen. Wenn jetzt noch ein Schuss Innovation dazukommt und das Songwriting ausgefeilter wird, kann man von Law Found Guilt noch einiges erwarten.

Leuven (Belgien) ist der Ort und Psychedelic Rock heißt die Baustelle. Die Arbeiter tragen wahrscheinlich Bärte, mit Sicherheit aber lange Haare und erledigen ihr Tagesgeschäft mit viel körperlicher Betätigung, vor allem aber auch mit Bauch und Kopf. Die Rede ist von Hypnos 69, die vor Kurzem ihr Album „The Eclectic Measure“ ( Elektrohasch / Swamp Room Distribution) veröffentlicht haben. Zwischen 70er Rock und progressivem Zeug der Neuzeit kann man sie ansiedeln. Klingt gewaltig, ist gewaltig. Zum Glück klingt die Band aber nicht zu verkopft und krampfhaft experimentell. Da geht auch mal ein balladesker Song, nur von Akustikgitarre getragen. Könnte man jetzt bösartig als bombastischen Stadionpop bezeichnen, aber da wollen Hypnos 69 wahrscheinlich gar nicht hin und dann sollte man es ihnen auch nicht unterstellen. Klar, stellenweise ist das schon ganz schön mukkermäßig und anstrengend, dass es einem leicht auf die Nerven gehen kann. Wer darüber aber hinweg sieht, wird mit einem netten Rock-Opus belohnt.

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Heute: Hip To Da Hop - teils nett, meist ein Flopp

mit: Flavor Flav | Pitbull | Ying Yang Twins | Raptile | Optik Takeover

Beginnen wir mit der guten Seele des HipHop und gleichzeitig dem Highlight dieses kurzen Artikels: Flavor Flav Of Public Enemy Fame. Sein Soloalbum "Hollywood" (Draytown Records/Cargo) glänzt in Überlänge mit Rap, welche klar von der alten Schule inspiriert wurde. Dennoch arbeitet der Protagonist immer wieder mit gesungenen Vocals und prägnanten Hooks: Mal souliger, mal straight in your face - aber bei aller funky Partytauglichkeit doch immer mit der entscheidenden Portion social consciousness. Seine Wurzeln kann und will die HipHop-Legende nicht verleugnen. Produziert und geschrieben hat der Gute beinahe alles in Eigenregie, Unterstützung kam sporadisch beispielsweise von Andrew Williams. Das Ergebnis funktioniert prima und kommt vor allem deutlich entspannter als bei Flavor Flaws Hauptformation. Prima.

Sehr viel expliziter geht es bei Kollege Pitbull zu, der auf seinem neuen Album "El Mariel" (TVT Europe) vor allen mit seiner Gästeliste protzen kann: Produziert haben u.a. Lil Jon und die Neptunes, ersterer ist neben den Labelkollegen von den Yin Yang Twins und Wyclef Jean auch am Mikrofon zu hören. Wirklich aus dem Durchschnitt hilft diese Tatsache dem etwas halbgaren Gebräu aus Gangster, Chopped & Screw-Style plus schlichten Arschwackel-Beats leider nicht. "El Mariel" taugt damit vor allem für die staubige Lücke zwischen Kayne West und den Yin Yang Twins.

Apropos: Die beiden Spaßköpfe legen mit "Chemically Imbalanced" (TVT Europe) quasi zeitgleich frisches Material nach. Die Single mit der Hilfe von Wyclef Jean entstandene Single "Dangerous" rotiert bereits in den einschlägigen Lokalitäten und auch die restlichen 17 Tracks geben der Crowd was sie erwarten: Uneingeschränkt partykompatibler HipHop mit bouncenden Bassläufen, schlüpfrigen Texten und der entscheidenden Portion Wiedererkennungswert. "Crunk" sagt man dazu ja neuerdings und für dieses Subgenre darf man die Ying Yang Twins sogar als Mitbegründer feiern... Die bisherige Soundrezeptur wurde für das sechste Album nochmals verfeinert: Die Twins steuern ihre Stücke mittlerweile gekonnt auf den Punkt, ohne den teils experimentellen Fun-Anteil der bisherigen Veröffentlichungen außen vor zu lassen. Ein sicherer Griff also sowohl für alte Anhänger als auch jene, die mit "Dangerous" erstmals Kontakt zu D-Roc und Kaine hatten.

Im Falle von Raptile's "Best of - Europe's Golden Child" (Subword/SonBMG) handelt es sich dann natürlich nicht schon wieder um ein neues Album, sondern um die typische, vorweihnachtliche Compilation. Die 16 Tracks vereinen die größten Hits des deutschen Rappers mit dem Pop-kompatiblen Produktionsarsenal. Schmonzetten wie "My Everything" (feat. Wayne Wonder) müssen allerdings durchgestanden werden, wenn man auch die teils recht nett fließenden Uptempo-Highlight von Raptile genießen will. Parallel zu dieser Zusammenstellung erscheint übrigens noch die neue Single "Missin' Ur Kisses" (feat. Trey Songz). Fazit: Spätestens in zwei Jahren auf dem Cheapo-Grabbeltisch im Kaufhof um die Ecke darf man über die Anschaffung der Scheibe nachdenken. But don't forget: "real" bleibt was anderes...

Schon vor einer Weile erschienen und an anderer Stelle besprochen war ja bereits die Labelschau "Optik Takeover!" (Optik Records/SonyBMG). Weil der tatsächliche Absatzmarkt für deutschen HipHop der Prolo-Schule mittlerweile aber wohl ins europäische Umland abgewandert ist, wird das Teil jetzt nochmal neu aufgelegt - samt Bonus-CD namens "Wer Hatz Erfunden?". Darauf enthalten: Ein kurzweiliges Mixtape des neu gegründeten (?) Ablegers "Optik Schweiz". Wobei gesagt werden muss, dass der humoristische Aspekt schon aufgrund des Dialekts der (hierzulande unbekannten) Beteiligten nicht verleugnet werden kann. Aber auch sonst fällt diese einstündige Angelegenheit paradoxerweise deutlich kurzweiliger und sympathischer aus als die zugehörige A-Seite.

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