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|| Robert Heldner ||

schreibt über...

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Es ist kaum zu glauben, dass dieses Album erst 2006 veröffentlicht wurde. Und tatsächlich: außerhalb der Bundesrepublik haben Clap Your Hands Say Yeah schon seit über zwei Jahren die Internet-Blogs und us-amerikanischen Clubs mit diesem Album bevölkert. Der Januar ist Golden. Alec Ounsworth nölt und hustet sich durch ein Album, das von vorn bis hinten genau die Form von Indie ist, die ich mir für 2006 erhofft hatte. Und wenn die ganze Chose live auch etwas kühl und wenig euphorisch rübergekommen ist, im März in Hamburg, so lag das vor allem an den inzwischen uralten Songs. In ein paar Wochen kommt das Zweitwerk heraus. Das kann keine Offenbarung werden. Die haben sie schon mit "Let The Cool Goddess Rust Away", "The Skin Of My Yellow Country Teeth" und der Hymne "Upon This Tidal Wave Of Young Blood" abgeliefert. Geschrammel war 2006 das neue Überproduziert.

Karen O. hat auf dem Immergut 2006 eine wahrlich imposante Figur abgegeben. Wie sie da stand, mit ihrem Kostüm, ihrer brachialen Stimme und der morbiden Sexyness - und dann heiser Lieder sang, von goldenen Löwen, Honigbären und fehlenden Auswegen. "Show Your Bones" der Yeah Yeah Yeahs war das Album, das keiner erwartet hatte. Und auch keinen enttäuschte. Mich zumindest nicht. Hier und da eine Akustikgitarre und jede Menge Pop hinter dem kaputten Garagen-Punk-Sound: so und nicht anders musste das klingen. Ein besonderes Trio gaben die YYYs dieses Jahr ab. Und schufen mit "Gold Lion" und "Honeybear" zwei absolute Über-Clubhits. Und mit "Cheated Hearts" ein seltenes Kleinod, eine Hymne, an der sie sich in Zukunft messen lassen müssen. Dieser Sommer war Yeah Yeah Yeahs Sommer. Wenn sie sich in Deutschland auch rar machten.

Wenn jemand dieses Weihnachten in Rom einen graumelierten, gut gekleideten Herren durch Rom wandeln sieht, der Anstalten macht, sich theatralisch in den Tiber zu stürzen: nein, es wird nicht Morrissey sein. Der leidet zwar nach wie vor gern, aber die Spuren Hoffnung haben sich eingeschlichen. In "To me You are a Piece of Art" singt Mozzer so leidenschaftlich: "I see the world / it makes me puke / but then I look at you / and know that somewhere / There's someone / who can soothe me" Morrissey bleibt allerdings ein leidensfähiger Mensch, auch auf "Ringleader of the Tormentors", Kapitel zwei in der Morrissey-Geschichte des neuen Jahrtausends. Viele halten nach „You are the Quarry“ dieses Werk für geradezu schwach. Für mich allerdings sind mit "You have killed me" und "In The Future When All's Well" zwei so grandiose, smith'sche Glanztaten, dass mir jegliche Kritik an diesem Album abgeht.

Was war das für ein Meisterwerk. Und für mich kam es aus dem Nichts. The Veils haben sich mit ihrem Zweitwerk "Nux Vomica" selbst übertroffen. Das heißt: eigentlich hat sich Songwriter Finn Andrews selbst übertroffen. Denn nach "The Runaway Found" hat der Sohn des XTC-Bassisten die komplette Manschaft ausgewechselt. Geschadet hat es nicht. Der Neuseeländer hat mit diesem Album einen Meilenstein geschaffen. Dylan, Waits und Bowie dicht auf den Fersen. Das kaputte, aber mitreißende "Not Yet" als Opener: Andrews Stimme packte mich am Kragen und schleuderte mich mit hundertneuzig gegen eine Wand. Lebensbeichte, Lebenshilfe - The Veils vereinen das morbide Glücksgefühl mit dem pathetischen, zynischen Verzweifeln an der Welt. "I love my little velvet bed / i don't want to leave it anymore" singt Andrews, und man möchte ihm die Hand reichen. Und tja, was man zu "Under the Folding Branches" sagen kann? So ziemlich der traurigste Song seit Urzeiten, jetzt schon ein Klassiker, und unter gar keinen Umständen Menschen zu empfehlen, die an der Heilung eines gebrochenen Herzens arbeiten. "Go, spin me around / under the folding branches / Now, is not too late / heaven can wait / another year or so"

Ganz so euphorisch war ich dieses Jahr bei den ersten Hördurchläufen von Badly Drawn Boys neuem Album "Born in the U.K." zwar nicht. Aber letztlich muss ich doch wieder ein Loblied anstimmen. Nicht ganz so eindringlich ist es geworden, wie noch "One plus one is one". Aber ein paar E-Gitarren, viel Klavier, einige Akustik-Sachen - kombiniert mit Damon Goughs Stimme gibt das ein eindringliches Werk. "Promises" gehört zu den kleinen, sprachlos-machenden Klavierstücken des Jahres, unerreicht in ihrer Simplizität und Eingängigkeit, von großer Weltsicht durchdrungen und ein Klassiker für lange Zeit.

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