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Unavoidable

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Ich kann mich erinnern, dass mir so ein Typ mal erzählt hat, er würde Schlagzeugunterricht nehmen, und zwar nicht auf Jazz, Rock oder Klassik, sondern Melodic Hardcore. Spätestens da war klar, dass diese Spielart unter jugendlichen Musikambitionierten nun endgültig jeglichen Anspruch, Punk zu sein, abgegeben hatte.
Melodic Hardcore oder Skatepunk, war cool, um Mädchen aufzureißen, endlich mal auf der Bühne des örtlichen JuZ zu stehen, Posen zu reißen und umsonst zu saufen. Also zogen sich die Jungs aus dem „AK Schulband“ NOFX- und Pennywise-T-Shirts über, der Hübscheste durfte der Sänger sein und wer mehr Aufkleber auf der Gitarre hatte, hatte Vorrecht auf die Gitarrensolos. Geile Riffs konnte man zuhauf klauen, Fat Wreck Chords und Epitaph boten ja eine enorme Anzahl an relevanten Veröffentlichungen, und Texte, naja, wenn man auf englisch singt, hört ja doch niemand so genau hin. Die meisten sangen über Onanie und primäre Geschlechtsmerkmale, wurden aber von denen belächelt, die politisch aufgeklärt waren und Parolen im „Fuck USA“-Stil verbreiteten. Noch ein paar gefällige Backgroundchöre, damit auch der Besoffenste noch mitgrölen konnte und fertig war die hunderttausendste Skatepunkband. Das ist schon relativ lange her, eine Zeitlang war dann die Erweiterung zum Ska-Punk der letzte Schrei, bis schließlich Emo-Metalcore trendy wurde und die Kids nur noch in zu engen T-Shirts und mit Eyeliner auf die Bühne durften. Vereinzelt aber kommen immer wieder Bands auf, die einen an die Zeiten Mitte der Neunziger erinnern, so auch die Österreicher Kapelle „Unavoidable“ (kein Kommentar zum Namen). Hier findet sich alles wieder, die ewig gleichen Riffs, die Oohs und Aahs, die Gitarrensolos („Pride“), auch die unvermeidlichen Quotenskateile („Guys in Green“ - fast dachte ich, die kommen ohne aus, aber da war er dann doch, der Offbeat), und - schließlich ist man ja punkrock - die investigativen Texte in schlechtem Englisch: „Bush follows his god / the same like the terrorist squad“ („Blame it on the white wall“), „Were out on the wrong way / that will always let us fail / we’re satisfied with a stupid fairytale“ („Wrong way“), „Our nice government is supporting the bad guys“ („A.K.A“) – hört, hört! Das alles dann im semi-professionellen Sound, dem durch die track-by-track-Aufnahme jeglicher Charakter und alles Greifbare entzogen wurde. Unavoidable – demnächst beim Kinderfasching auch in Deinem evangelischen Jugendzentrum.

Bewertung: 2 von 10 Sternen / Spielzeit: 46:23 / Melodic Hardcore

Autor: Stefan Dorner





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