Wegweiser durch sellfish.de

independent online music  |  info@sellfish.de

Justice

Escapades

justice-escapades.jpg

Justice haben sich einer Ausprägung des Hardcore-Genres verschrieben, welche es mir persönlich eigentlich nie so wirklich angetan hatte: Der Spätphase des Hardcore-Sounds der alten Schule nämlich.
Dessen Entstehung ist schnell umrissen: Nachdem viele der amerikanischen Hardcore- und Punkbands Anfang der Neunziger ihre größten bzw. teilweise auch erfolgreichsten Momente hinter sich hatten, öffneten sie sich stilistisch - wie es wohl nur natürlich ist - auch anderer Musik. Man wurde einfach älter, vielleicht sogar reifer. Vielfach resultierte dies in deutlich rockigerem Material. Was in der damaligen Szene natürlich für Entsetzen sorgte (... hier kann man sich die "Ausverkauf!!!" bzw. "Kommerz!!!"-Rufe förmlich vorstellen). Manchmal geschah dies durchaus zu recht, denn nicht selten blieb von der wütend-agressiven Grundhaltung der Musikrichtung in der neuen Spielweise wenig übrig. Was insofern tragisch war, als es doch genau hierum - eben um Wut und Aggression - im Hardcore gehen sollte. Doch es gab durchaus Bands, die in ihren letzten Monaten noch einmal zu echten Höchstleistungen im Stande waren. Damit meine ich beispielsweise Uniform Choice, deren ungewöhnliches Zweitwerk "Staring Into The Sun" eines der unterschätztesten Alben dieser Zeit darstellen dürfte. Doch auch die letzten Bad Brains Aufnahmen standen immer im Kreuzfeuer der Kritik. Das Maul zerissen hatte man sich damals außerdem über Into Another. Und hier kommen nun die bislang nur Insidern bekannten Justice aus Antwerpen ins Spiel. Denn an den Sound von Alben wie "Seemless" docken diese ziemlich exakt an. So exakt sogar, dass Richie Birkenhead, ehemals Into Another / jetzt Undergod, beim vierminütigen Opener "I need air" an den Vocals zu hören ist. Es mag Zufall sein, dass dies gleichzeitig den intensivsten Moment der elf Tracks markiert. Denn das sehr melodische, ausschließlich im Midtempo gehaltene Material wurde zwar auf der einen Seite von niemand geringerem als Don Fury konsequent an jeglichen Trends vorbei produziert. Was natürlich sehr sympathisch ist. Auf der anderen Seite entsteht durch die Slo-Motion Riffs ständig ein gewaltiger Druck, dessen sich die Vier aber nicht wirklich erleichtern können bzw. wollen. Und so stellt sich trotz aller Melodielastigkeit eben auch eine etwas unbefriedigende Monotonie ein. Nichtsdestotrotz: Wer auf den oben beschriebenen Sound steht, der wird in "Escapades" eine Offenbarung finden!

Bewertung: 6 von 10 Sternen / Spielzeit: 37:00 / Hardcore

Autor:





ERROR!