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Harmful

7

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4 Ohren- 2 Meinungen

Sebastian Gloser gibt
Bewertung: 7 von 10 Sternen

David Lodhi gibt
Bewertung: 4 von 10 Sternen


Besonders einfallsreich sind Harmful nicht gewesen, als sie sich Gedanken für den Albumtitel gemacht haben. Und auch beim Cover ihrer siebten Platte scheinen sich die Frankfurter mehr von einer Stimmung tragen gelassen zu haben, als von einer kreativen Diskussion. Macht nichts, die Musik entschädigt für vieles.
Zwar gehen Harmful auch hier nicht wirklich innovativ zur Sache und erfinden sich selbst nicht neu, aber das muss ja auch nicht immer zwangsläufig zur Pflichtaufgabe werden. Vor allem dann nicht, wenn man seit Jahren zusammen mit Bands wie Blackmail oder Scumbucket einen ganz bestimmten Sound prägt. Das ist BluNoise in seiner Reinform: trocken, spröde und knochenhart. Nah dran am Stonerrock und dennoch mit einer ganz eigenen Note. Daran hat sich auch nicht viel geändert seitdem Ex-Faith No More-Bassist Billy Goud hinter dem Mischpult sitzt, der sich auch gleich noch für die kommende Tour als zweiter Gitarrist verpflichten hat lassen. Ihn zu überzeugen wird wohl nicht schwer gefallen sein, wenn man sich „7“ über weite Strecken anhört. Das Songwriting ist bei Harmful auf einem Höhepunkt angekommen, auch wenn man sich das ein oder andere Mal noch ein paar Überraschungseffekte gewünscht hätte. Die Songs verzichten größtenteils auf instrumentale Eskapaden, sind möglichst kompakt gehalten und bleiben nur selten blass. Das Instrumentalstück „Mesanichta“ hätte man sich sparen können, auch wenn der Querverweis zum Seitenprojekt Emirsian von Frontmann Aren nett gemeint ist. Ansonsten geht es aber schön gerade aus, mal mit mehr Melodie im Gepäck („Not in Love“, „Tension“) oder einer ordentlichen Portion Wut im Bauch („Tenderly“, „Long Gone“). Die Handclaps bei „Another Life“ stehen dem Song gut und die kraftvolle Produktion macht sich vor allem bei der Rakete „Break Point“ bezahlt. Alles in allem also mehr als grundsolide, wenn auch auf den ersten Blick kein Meilenstein, denn dafür fehlt noch die Portion Wahnsinn. Mit diesem Album und Billy Goud in der Hinterhand sollten Harmful dennoch mehr Türen als bisher offen stehen.

Man kann es bereits aus dem Albumtitel ableiten, um das wievielte Album der Frankfurter Band Harmful es sich handelt. ‚Band aus Frankfurt’ ist allerdings nicht mehr ausschließlich zutreffend, denn mit dem Ex-Faith No More-Bassisten und gebbürtigen Amerikaner Billy Gould steht künftig ein Neuzugang mit auf der Bühne, der seine Finger auch an den Studioreglern kräftig mit im Spiel hatte.
Es ist also irgendwie erklärbar, dass die erste Sache, die mir beim Hören des Albums einfällt, Soundgardens „Spoonman“ von 1994 ist und ich im Laufe der 35 Minuten Spieldauer das Gefühl nicht los werde, dass da einer auf dem Sound seiner größten Zeit - damals füllten Faith No More Fußballstadien - hängen geblieben ist. In einigen Teilen der Platte lösen sich Harmful dann aber doch mit erfreulicher Leichtigkeit von diesen Einflüssen und man wagt ob der gleichwohl sehr musikalischen wie auch brachialen Gitarrenriffs gar den einen oder anderen Gedankensprung Richtung Helmet. Die Stärke von „7“ liegt jedenfalls in der ersten Hälfte des Albums. Mal abgesehen von dem schlechten Midi-Handclap bei meiner (ansonsten) Lieblingsnummer „Elaine“ geht es hier bodenständig und mit roten Faden in Form der tiefen, eindrucksvollen Stimme von Aren Emirze getragen zur Sache. Dann kommt das sechste Stück „Not in Love“. Meine Freundin schreit zwei Zimmer weiter ostwärts „das klingt ja wie Nickelback“ und dummerweise fällt mir auch nichts Besseres ein. Die sich anschließenden Tracks sind dann verfrickelter und nicht mehr so durcharrangiert. Es taucht auch noch ein Instrumental auf, das rein gar nicht zum Rest des Albums passt. Wäre vielleicht ganz passabel beim Harmful-Songwriter-Ableger „Emirsian“ gewesen, hier bringt es die für die Allgemeinheit mit klassischem Stonerrock wohl am besten ausgedrückte musikalische Stimmung auf „7“ durcheinander. Aber vielleicht war das ja auch Absicht so, für den Fall schieb ich mal ein „mutig“ hinterher. Insgesamt ist mir die Platte aber zu kurz um sich eine so lange Schwächephase zu leisten.

Spielzeit: 35:06 / Stonerrock



Da ist offensichtlich einiges passiert im Zuge der Arbeiten an "7". Zeit, um nochmal genauer nachzufragen. Und zwar mit einem wenig persönlichen, aber dennoch sehr informativen Kommunikationsmittel: Email-Interview. Bassist Chris Aidonopoulos hat unsere Fragen beantwortet.

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Sieben Alben. Das ist eine ganze Menge in diesem schnelllebigen Geschäft. Wo nimmt man noch die Inspiration nach so langer Zeit her?

Sie kommt aus einem heraus. Aus irgendeinem universellen Grund. Kann man nicht sagen. Es ist auf jeden Fall nicht die Suche nach dem Hit. Es ist das was wir fühlen. Ganz einfach und deswegen machen wir auch heute noch Musik. Wir haben einen Weg. Er liegt vor uns und wir gehen ihn. Vielleicht gehen wir ihn auch morgen nicht mehr. Das weiß niemand. Aber darin liegt ja auch das spannende. Es liegt im Blut. Solange etwas aus uns kommt werden wir auch weiterhin Musik mit Harmful machen. Dass man sich beim siebten Album sozusagen neu geboren fühlt macht das ganze noch erstrebenswerter. Dass jemand wie Billy Gould mit im Boot sitzt auch. Es gibt viele Faktoren, die man hier theoretisch aufzählen könnte. Der wichtigste Faktor, der auch der Kreativität förderlich ist, ist der, dass dies etwas ist was wir fühlen. Das muss raus.

Kommt das über die persönliche (vielleicht auch textliche) Seite oder geht das mehr über die musikalische Seite, über die Lust am zusammen spielen?
Bei mir und ich denke auch bei den anderen ist die musikalische Seite die stärkste Verbindung zueinander. Wir alle lieben Musik und fühlen in vielerlei Hinsicht dasselbe. Wir haben uns vor Jahren gefunden und sind heute noch zusammen. Also da ist auch selbstverständlich eine persönliche Seite enthalten. Ohne die würde das auch über Jahre nicht gehen. Also eine reine Geschäftsbeziehung war Harmful noch nie. Wir mögen uns schon auch wenn wir nicht mehr so zusammen hängen wie früher vielleicht. Das ist aber im Gegenteil auch inspirierend wie ich finde. Die textliche Seite gewinnt aber immer mehr dazu. Das ist etwas das sich erst entwickelt hat. Anfänglich haben wir ja mit Texten gegeizt wenn man sich die ersten beiden Scheiben anhört. Aren verfasst gute Texte in meinen Augen. Das hat er zum Beispiel bei Emirsian auf einer sehr persönlichen Ebene gemacht. Das ist ein Einfluss der mehr und mehr gewinnt und auch bei Harmful wichtig wird. Siehe eben unser aktuelles Werk. Man möchte neben der Musik auch textlich eine Aussage haben. Aber grundsätzlich macht das spielen zusammen riesig Spaß und das ist es was uns zusammen geführt hat.

War der Ausflug auf Solopfade mit Emirsian nötig, um wieder neue Kraft für die Hauptband zu tanken oder war das einfach eine Nebenbeschäftigung und die Freude an der Sache?
Für Aren war es eine sehr wichtig Sache, die er schon länger im Auge hatte. Also Emirsian war im Kopf bevor der erste Song geschrieben war. Vielleicht war es auch nötig und ich glaube an solche Dinge wie das es einen Weg gibt usw. Aren wollte diesen Weg gehen aber nicht um Harmful mit anderen Augen zu sehen. Es war eine persönliche Sache, die Verarbeitung vieler Gedanken und Emotionen, die er bei Harmful nicht ausleben konnte weil es nicht in den Bandkontext gepasst hat. Auch musikalisch. Das kann ich gut verstehen. Zu persönlich. Darum ist es auch etwas Wunderbares geworden weil es etwas ganz persönliches ist. Eine neue Seite an Aren. Finde ich wunderbar. Ich würde das auch gerne machen aber mir fehlt es da noch an etwas. Das finde ich heraus. Ich glaube ich kann nicht singen. Dinge ändern sich. Ohne Emirsian wäre das neue Harmful Album anders geworden. Wer weiß wie es ohne geworden wäre aber ich mache mir keine Gedanken mehr über Spekulationen, das ist ätzend. Es ist schön so wie es ist da es immer spannend bleibt. Immer in Bewegung.

Wie überredet man Billy Gould dazu bei Harmful mitzuwirken und wie kam es zu der Verbindung, die ja anscheinend weit mehr als nur eine einmalige Zusammenarbeit darstellt?
Einfach fragen. Überreden war nicht nötig. Zuerst hat Aren angerufen wegen der Produktion des Albums. Ihm gefiel unsere Musik, die wir ihm dann vorgespielt haben. Das war der Grund warum er das dann auch gemacht hat mit der Produktion von „7“. Dass wir uns dann persönlich so gut verstanden haben, hat sich erst im Studio gezeigt. Dass Billy die Musik so gut findet und dabei mitwirken möchte ist eine Sache, die uns auch sehr ehrt. Es ist unser Weg, den wir gerne annehmen. Mal sehen wo er uns hinführt. Wie die Zusammenarbeit weiter verläuft ist komplett offen. Erst mal steht der Release in Europa am 5. März an und dann die Tour und dann werden wir sehen.

Jetzt kommt das Album, im Frühling die Tour, was kommt dann?

Seit dem 16. Februar ist das Album erhältlich. Es beinhaltet elf Songs mit Gänsehaut. Die Tour steht an für Deutschland und Österreich. Im März kommt das Album dann im restlichen Europa raus. Wir arbeiten auch gerade daran für Europa eine Tour zusammen zu stellen. Also es gibt viel zu tun. Weiter möchte ich gar nicht blicken und auch nichts verraten.

Fragen: Sebastian Gloser
Foto: Christian Wagner





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