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Polarkreis 18

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„Die Jugend von heute.“ Das ist nicht nur ein ganz schlimmer Satz, sondern tatsächlich die Reaktion, die auf das selbstbetitelte Debütalbum von Polarkreis 18 folgen könnte. Begleitet von einem Kopfschütteln, über soviel Mut und freches Auftreten, das die fünf Herren aus Dresden an den Tag legen. Eine junge Band mit einem Anspruch, höher als jedes deutsche Gebirge.
Wer so ein Album vorlegt muss sich allerdings dann auch gleich die großen Namen um die Ohren hauen lassen: Radiohead, Sigur Ròs, The Notwist. Geht’s noch? Aber was bleibt einem anderes übrig als Rezensent? Polarkreis 18 schmeißen die Probierfreudigkeit aus Weilheim, den Wahnsinn aus Oxford und die Kälte aus Reykjavík in einen Topf und kochen dennoch ihr ganz eigenes Süppchen, das nur ganz selten zu sehr an die berühmten Inspirationsquellen fernab von Dresden erinnert. Im Theater durfte das Quintett auch schon auftreten, was die Frage aufwirft warum Polarkreis 18 noch nicht der Hype des Jahres sind? Vielleicht weil sie trotz des ganzen Budenzaubers, den sie da mit ihren zahlreichen Instrumenten veranstalten, sehr bodenständig geblieben sind. Sie schreien nicht nach Anerkennung, sie werden sie schon noch kriegen. Kopfstimme, Streicher en masse, ein feines Gespür für Elektrobasteleien, da muss doch was gehen. Es sollte jedenfalls schwer werden sich dieser mal wild tobenden, mal schockgefrosteten Mischung zu entziehen. Nachzuhören bei dem furiosen Auftakt „Dreamdancer“. Der treibende Drum’n’Bass-Beat schafft eine gute Grundlage und den nötigen Freiraum, um sich einem erfrischenden Song hinzugeben. Hysterisch steigert sich die Band am Ende in ein Lärmgewitter, nachdem man sich zuvor eingängigen Refrains gewidmet hat. „Somedays Sundays“ führt zunächst auf die falsche Fährte, um dann gnadenlos das Tanzbein anzusprechen. „Chrystal Lake“ ist ein herrlich vorwärts treibender, dramatischer Popsong voller Melancholie, wie man ihn aus Deutschland vielleicht so noch nie gehört hat. Manchmal wollen Polarkreis 18 fast zu viel des Guten: „Stellaries“ könnte der Titelsong des nächsten James Bond-Streifen werden und „Look“ wendet sich vielleicht etwas zu deutlich an die Radiohead-Fraktion. Daran kann, muss man sich aber nicht stören. Festzuhalten bleibt: Facetten ohne Ende, eingebettet in einen sehr kühlen und passenden Sound. Ein frühreifes Meisterwerk mit Luft nach oben, das mit jedem Hördurchgang neues Wachstumspotential offenbart. Schade, dass Polarkreis 18 nicht bei Sinnbus Records unterschrieben haben, das hätte hervorragend gepasst. Dank Motor Music bekommt die Band nun aber vielleicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient hat.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 43:36 / Experimenteller Pop

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