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Kain

Leben Im Schrank

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Was genau muss man als moderne, große Plattenfirma tun, um mit einem Debüt eine punktsichere Landung hinzulegen? Wichtig und vor allem schwer ausküngelbar ist die Lücke, in die eine Band stoßen muss!
Adoleszente Wut und Verzweiflung? Schön und gut, aber wie musikalisch untermalen? Emo ist ohnehin schon wieder auf dem Nachhauseweg. Also lieber das: Rückbesinnung auf die gute alte Zeit. Eine Zeit, in der vom Fleck weg jede amerikanische College-Rockband funktioniert hat. Zeiten, in denen Bands wie 3 Doors Down noch soetwas wie Video-Airplay hatten. Und wenn du als deutsche Plattenfirma dann auch noch eine deutschsprachige Band an der Angel hast, die genau diese Lücke ausfüllt, dann hast du es fast geschafft: die steuerbare Nachfrage. Funktioniert, wer hätte das gedacht, im Musikbusiness meistens ziemlich gut. Bei Kain wird es auch funktionieren. Denn das vertonte Tagebuch, die satten Rockgitarren, der heisere Gesang und die ganz großen Gesten, das alles haben Kain perfektioniert. "Liebes Tagebuch", "Kaffee zum mitnehmen", "Wo geh ich hin" - in den Texten finden frustrierte Teenager genau das, was sie suchen. Nach dem dritten Hördurchgang bin ich mir sicher: es ist unmöglich, das Album muss Ende der 90er entstanden sein. Aber weit gefehlt: Kain stammen aus Berlin und stemmen sich gegen den zeitgeist. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber die rüpelhaft-einfachen Texte, die fehlenden Bedeutungsebenen, die platte musikalische Form, das kreative schwarze Loch - das sticht leider allzu deutlich hervor. Durchhalteparolen und Weltschmerz machen noch lange kein Album. Letzten Endes aber ist es doch so: da ist diese Lücke, die muss ausgefüllt werden. Und wenn du eine große deutsche Plattenfirma bist, dann wirst du auf Biegen und Brechen in genau diese Lücke eine Band prügeln. Wer also meint, das Jahr 2007 brauche unbedingt einen deutschen Creed-Abklatsch, der möge bitte zugreifen. Und damit die Mechanismen den Musikindustrie auf eine weitere Dekade sichern. Schade, dass außgerechnet eine doch recht sympathische Band in diese Mühlen gerät...

Bewertung: 4 von 10 Sternen / Spielzeit: 42:51 / Rock


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