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Bodi Bill

No More Wars

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Zugegeben: Projektname und Albumtitel machen nicht an. „Bodi Bill – No More Wars“ – das klingt, als hätte der uneheliche Sohn von Bob Dylan und Joan Baez einen verspäteten Kommentar zur Außenpolitik der Bush-Regierung abgegeben. Allerdings sollte man sich beim Aussuchen der Platten, die man hört, lieber vom ersten Eindruck, als von gefährlichem Halbwissen über Hippies leiten lassen.
Der erste Eindruck ist hier ein optischer: Geiles Rohrschachcoverdigipak im Falschrumformat – Sinnbus! Das Sinnbus nicht nur neue Wege im CD-Design geht, sondern auch Heimathafen für musikalische Grenzgänger und Außenseiter ist, weiß man mittlerweile nicht nur in Berlin. Bodi Bill tanzen da nicht aus der Reihe. Das Duo, bestehend aus Alex Amoon (Nonostar) und Fabian Fenk alias Pantasz, spannt auf seinem Debüt den Bogen von introvertierten Songkleinoden bis hin zu exaltierten Trackrasereien. Das ganze klingt aber stets persönlich und zurückgezogen. Dazu passt auch die erste markante Textzeile auf dem Album: „There are too many people around.“ Trotzdem ist „No More Wars“ nichts für Typen mit Hang zum Selbstmitleid. Das Album schöpft seine Kraft aus der Diskrepanz zwischen bestehendem und erträumten Zustand, aus dem Phantomschmerz der entsteht, wenn man alles will, „alles“ aber Gegensätze einschließt. Nur so kann am Ende eines Lovesongs der Verschmähte singen: „You don’t like Sonic Youth, so fuck off and die too.“ Diese Zerrissenheit spiegelt sich auch in einem Song wie „Nothing“ wider, zwischen dessen sparsamen Klavierakkorden die Hookline auf eine eigenartige Weise nur angedeutet scheint und der dadurch eine zwingende Dynamik erhält. Im Gegensatz dazu steht ein Song wie „Straw Hats“, der alles zu verdichten scheint, der solange mäandert bis sich ein Sog bildet. Ein schwarzes Loch. Der Hörer wird erst wieder ausgespuckt, wenn am Ende der Platte die singende Säge verstummt. „No More Wars“ ist eine schwer (be)greifbare Platte, aber gerade dadurch qualifiziert sie sich zu einem dauerhaften Begleiter.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 46:57 / Electronica / Minimal Techno

Autor: Steffen Kern





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