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Blonde Redhead

23

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Immer schön, wenn man ein Album nehmen kann, wie es ist. Soll heißen: Es gibt keine großen Geschichten drum herum, der Entstehungsprozess ist wahrscheinlich mehr als gewöhnlich und Skandale gibt es bei den drei Wahl-New Yorkern sowieso nicht zu vermelden. In über zehn Jahren haben Blonde Redhead acht Alben veröffentlicht, haben sich dabei immer wieder verändert und sind sich dennoch treu geblieben.
Eine Band, die wohl immer neue Hörerschaften angesprochen hat, ohne sich dabei selbst zu inszenieren. Es klingt abgedroschen, aber wenn man sich „23“ anhört, muss man in keiner Sekunde einen Gedanken an die Band verschwenden. Die Songs stehen so sehr im Vordergrund, dass man sich nicht mal für die Musiker dahinter interessiert und ein größeres Kompliment kann es für ein Album eigentlich gar nicht geben. Der hymnische, ja fast hypnotische Opener zieht einen sofort in den Bann und wer nicht aufpasst, träumt sich fort, bis die Boxen vierzig Minuten später wieder verstummen. Wer sich in jüngerer Vergangenheit für Gitarren-Feedback-Bands wie Interpol oder Film School begeistern konnte, der ist hier genau richtig. Das ist Indiewavepop der feinsten Sorte, wie man ihn nicht mal am Reißbrett entwerfen könnte. Fesselnd, wärmend und so frisch, als hätten Blonde Redhead noch einmal ein Debüt aufgenommen. Zehn Songs, die von ihren schwebenden Melodien leben, aber auch davon, dass jedem Stück eine einfache, aber brillante Idee zugrunde liegt. Eine Ballade wie „The Dress“ stellt die Existenzberechtigung von Massive Attack in Frage und hebt „23“ auf das nächste Level. Alles ist atmosphärisch so dicht, dass die Platte als durchkomponierter Filmsoundtrack durchgehen könnte. Die Kraft des Indierocks paart sich mit der Schönheit und der Zerbrechlichkeit des Pops und heraus kommt eines der kompaktesten Gitarrenalben der ersten Jahreshälfte. Immer dann, wenn Gefahr droht zu sehr abzuschweifen und sich im eigenen Soundkosmos zu verlieren, legen Blonde Redhead eine Schippe drauf. Wem bei „Spring And By Summer Fall“ nicht das Herz aufgeht, hat wahrscheinlich keins. Dass hochdekorierte Produzenten und Mischer wie Chris Coady, Alan Moulder und Rich Costey das Album nicht zu glatt haben werden lassen, spricht für deren Gespür und für die Qualität von „23“. Und dass die zweite Albumhälfte nicht ganz mit der ersten mithalten kann, tut dem ganzen ebenfalls keinen Abbruch. Wer sich bisher nicht für diese Band begeistern konnte, hat jetzt die einmalige Einstiegschance.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 43:27 / Indierock / Wavepop

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