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MISC - sellfish.de Beifang 05/07 | 01

Miscellaneaus: Genrekram*EP*Vinyl*MCD*Sampler*Demos*Soundtrack

Eine weitere Heimat bei sellfish.de: Sachen, die normalerweise unterzugehen drohen. Oft verdient und von manchen verachtet lassen sich in dieser Rubrik immer wieder auch echte kleine Perlen entdecken...

Sonst noch nennenswert: Sonderfälle aus meiner Promokiste

mit: From Autumn To Ashes l King Crimson l Townes Van Zandt uvm.

Ihre Mission ist der Rock’n’Roll, ihre Message altbekannt. Viel interessanter klingt da schon die Geschichte, wie The Bishops zueinander gefunden haben: Die Zwillingsbrüder Mike und Pete Bishop holten sich ans Schlagzeug nämlich kurzerhand den Barkeeper ihrer Stammkneipe. Und mit eben diesem Pragmatismus sind auch die 14 Tracks ihres Debüts ausgestattet: "The Bishops" (Weekender Records/Indigo) steckt voller altbekannter Zutaten, der nötigen Prise Soul, eingängigen Refrains und (ein wenig zu) oft gehörten Melodien. Wie die Beatles in ihrer Anfangsphase, um 'mal eine völlig überzogene Referenz herauszukramen. Ein wenig unspektakulär klingt das ganze nämlich schon, wenn auch nicht wirklich schlecht... /// Der Verlust eines Sängers, vor allem nach einem ersten Achtungserfolg, bedeutet nicht selten das vorzeitige Aus für viele junge Bands - zumindest in kommerzieller Hinsicht. Dass es auch anders geht, haben kürzlich Comeback Kid unter Beweis gestellt. Nun sind From Autumn To Ashes an der Reihe: "Holding A Wolf By The Ears" (Vagrant/Pias/Rough Trade) wurde mangels Frontmann von Schlagzeuger Francis Mark eingesungen bzw. eingebrüllt. Mag das Publikum in einem kurzlebigen Genre wie Emocore besonders streng mit solchen Veränderungen sein, muss man dem Quartett aus Long Island doch eine gewisse songwriterische Finesse zuschreiben, über welche nur wenige Bands dieser Spielart verfügen. Bester Beweis dafür sind die verdammt griffigen Riffs auf diesem Longplayer sowie der fordernde Einstand bzw. Anspieltipp "Deth kult social club". /// Hellyeah: Viel mehr als nur den Namen muss man zur Musik auf diesem selbstbetitelten (Epic/SonyBMG) Debüt wohl nicht sagen. Naja, die Plattenfirma wünscht sich zumindest die Erwähnung der Bandmitglieder: Neben Musikern aus den Reihen von Mudvayne und Nothingface betrifft das vor allem Ex-Pantera Vinnie Paul. Dessen Stempel weit über die reine Schlagzeugtätigkeit hinaus wirkt und damit die Assoziationen des flammenden Coverartworks entsprechend abrundet: Zwölf Songs lang wird hier ausproduzierter, Thrash-infizierter Rock mit abgehangenen Riffs und Southern-Zitaten zelebriert. Für die Zielgruppe gibt es an dieser „Supergroup“ wohl kein Vorbeikommen… /// King Crimson Es soll ja noch immer Menschen geben - darunter sogar Tool-Fans - die mit dem grandiosen Schaffen von noch nicht vertraut sind. All jene machen sich bitte jetzt sofort auf den Weg und besorgen sich "The Condensed 21st Century Guide To King Crimson" (Galileo Music)! Auf zwei randvollen CDs wird hier von 1969 bis zum letzten Studioalbum "The Power To Believe" das gesamte Schaffen der englischen Progrock-Ausnahmetalente beleuchtet. Und wenn hier von Progressive dir Rede ist, dann meine ich tatsächlich höchst innovative, genre- und bewusstseinssprengende Musik - und nicht die sonst so betitelte selbstverliebte Frickelei überambitionierter Rockmusiker. Kompiliert wurde von niemand geringerem als Bandkopf Robert Fripp selbst, der sich auch für die Linernotes verantwortlich zeichnet und eine detailverliebte Werkschau vorlegt, an der es für niemanden ein Vorbeikommen gibt. Zumindest nicht, wenn man sich auch nur ansatzweise für eine Formation interessiert, welche Bands wie The Mars Volta oder Tool erst möglich gemacht hatte und sogar auf Pink Floyd Einfluss nahm. Essentiell. /// Folklore und Mittelalter sind nun nicht unbedingt geliebte Gäste dieser Seiten. Für die Mediaeval Baebes machen wir dennoch gerne eine Ausnahme. Was so mancher Genrefeind vielleicht gleich tun würde, wenn er die sieben hübschen Damen auf dem Frontcover zu sehen bekommt. Was hier jedoch nicht das (entscheidende) Kriterium sein soll. Vielmehr schon, dass sich "Mirabilis" (Nettwerk) denkbar weit entfernt von schlimmen In Extremo-Soundalikes bewegt. Stattdessen eroberte man mit den vergangenen Werken die Klassik-Charts. An Substanz mangelt es den stimmungsvollen Stücken der Londonerinnen also sicherlich nicht. Und wer weiß: Vielleicht sind die Mediaeval Baebes genau die richtigen, um Vorbehalte gegenüber der Mittelalter-Szene aus dem Weg zu räumen? /// Berechtigte Ängste, bei dem Bandnamen Radar bzw. Albumtitel "Rollsplitt" (Sweet Home Records/Poor Dog) mit tumben Deutsch- bzw. Nu Rock konfrontiert zu werden, erweisen sich als unnötig. Ganz im Gegenteil hat man es bei Band wie Label mit jungen Idealisten zu tun, welche Musik jenseits offenkundiger Markttauglichkeit veröffentlichen. Für "Rollsplitt" bedeutet das: Ambient-artige Instrumentalmusik, organisch erzeugt und trotz ihrer spartanischen Inszenierung mit beinahe hypnotischer Wirkung ausgestattet. Traditionalisten werden in dem exzellent gestalteten Longplayer auch Kraut- oder Postrock-Elemente finden, am Ende erweist sich der Sound von Radar jedoch als ziemlich einzigartig. Schon deswegen, weil ihre Musik - selten genug in diesen Sphären - Spaß macht. /// In ihren besten Momenten erinnern Static X dank hochgefahrenem Experimentier-Drang an System Of A Down. Doch diese Momente sind leider noch zu selten auf "Cannibal" (Warner Music), dem neuen Studioalbum der Kalifornier. Zumeist verliert sich das düster dreinblickende Quartett in allzu gesichtsloser, dabei jedoch Billboard-kompatibler Härte. Die Mixtur aus Neo-Thrash samt der üblichen Elektronik-Einsprengsel sowie dem organischen Sound in Soulfly-Tradition hat dabei unbestritten zündende Momente, dennoch lässt der programmatische Titel (wie das dazu passende Coverartwork) keinen Zweifel daran, dass Static X zu jenen Bands gehören, welche irgendwie noch mitten in der Pubertät zu stecken scheinen. Vielleicht sollte man noch mal genauer hinhören, wenn sie diese Phase hinter sich gelassen haben... darauf lassen zumindest Tracks wie "Behemoth" schließen. /// Geschichtsunterricht, made in Beverungen: Anlässlich des zehnten Todestages von Townes Van Zandt schickt das Glitterhouse Label (nicht nur) seine Schützlinge ins Rennen, dem großartigen Liedermacher Tribut zu zollen. In siebzig Minuten nehmen sich unter anderem Christian Kjellvander, Midnight Choirs' Paal Flaata, The Walkabouts und Ben Weaver der Kompositionen des Texaners an. Der größte Teil der 17 Songs entstand dabei exklusiv für diese schick aufgemachte Zusammenstellung. Doch "There's A Hole In Heaven Where Some Sin Slips Through" (Glitterhouse/Indigo) überzeugt nicht nur durch die ansehnliche Namensliste der Beteiligten - so sind des weiteren die Tindesticks, Steve Wynn und die Willard Grant Conspiracy dabei - sondern vor allem durch die behutsamen Adaptionen der Zandt-Originale. Stilvoll kompiliert gelingt es dieser Zeitreise mit etwas Glück, die Bedeutsamkeit ihres Protagonisten auch einem jüngeren Publikum in Erinnerung zu rufen. Neben dem The Band Tributewerk "Endless Highway" schon die zweite, uneingeschränkt empfehlenswerte Veröffentlichung dieser Art.


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