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The National

Boxer

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Zwei Klassiker innerhalb von drei Jahren zu veröffentlichen, das schaffen nicht viele Bands. The National haben es gemacht. Auf den ersten Blick ist das neue Album zwar nicht so vielseitig ausgefallen wie der fantastische Vorgänger „Alligator“, dafür ist „Boxer“ das Musterbeispiel für einen Grower. Ein Meisterwerk, dass mit jedem Hördurchgang wächst. Songs in die man sich hineindenken muss, garniert mit düsteren Texten, die die eigene Depression therapieren, wie es kein Psychiater der Welt kann.
Die Songs sind diesmal kompakter, manchmal auch schlichter ausgefallen. Das ist wohl der Grund, warum man zunächst denken könnte, dass „Boxer“ nicht mithalten kann mit dem von allen Seiten hochgelobten „Alligator“. Dieser Eindruck täuscht aber darüber hinweg, wie viel Arbeit und Zeit die fünf Herren aus New York in diese Platte investiert haben. Nach unzähligen Touren durch Europa und die USA hatten sie eine Pause dringend nötig. Und sie haben sie genutzt. Mit frischer Kraft haben sie dann zwölf Songs geschrieben, die sich gegenseitig darin überbieten, wer von ihnen der traurig-schönste ist. Ist es der stille, aber furiose Auftakt „Fake Empire“? Ist es der Geist, der bei „Green Gloves“ unsichtbar durch den Raum schwebt? Ist es das Gitarrenfeedback bei „Slow Show“ oder die langsame Steigerung bei „Start A War“? Klavier, Bläser, ein unglaublich tightes Schlagzeug und immer wieder diese Gitarren. Dass das Songwriter-Wunderkind Sufjan Stevens bei zwei Stücken Klavier spielt ist eine tolle Sache, aber eigentlich eine unwichtige Randnotiz, denn er fügt sich ganz unauffällig in die lange Liste der brillanten Gastmusiker ein. Bevor man sich versieht, steht da die Erkenntnis im Raum, dass diese Lieder noch schöner sind, als all die Perlen von den Alben zuvor. Natürlich vermisst man zunächst das verzweifelte Geschrei von Matt Berninger, wie er es bei „Abel“ oder „Mr. November“ zelebriert hat, aber dass er es dieses Mal nicht tut, schafft Freiraum für die Zukunft und macht The National weniger berechenbar. Und dass es beim Sänger der Wahl-New Yorker immer noch gewaltig brodelt - wenn auch diesmal unter der Oberfläche - merkt man, wenn er zum Beispiel „Mistaken For Strangers“ anstimmt. Übrigens die erste Single und trotz der schweren, düsteren Atmosphäre fast ein wenig tanzbar. Mit Sicherheit eines der Highlights auf dem Album, aber wer wird denn hier abgrenzen wollen? „Boxer“ ist in seiner Gesamtheit wunderschön – das ist entscheidend.

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 43:05 / Indie

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