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MISC - August 2007 l #02

Spezial: Knüppel Aus Dem Promosack - From Metal To Core

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Diesmal mit:

Hopesfall | Throwdown | Divine Heresy | Sorrow | Ministry | Obsidian uvm.

Mit einer waschechten Europa-Offensive drängt die amerikanische Hardcore-Institution Trustkill Records zurück auf einen Markt, in welchem sie bislang zumeist nur via Szenemailordern mitmischen konnte. Dank starkem Vertrieb (SPV) im Rücken dürften die anstehenden Releases jedoch endlich die Aufmerksamkeit bekommen, welche der seit über elf Jahren (überwiegen im Metalcore-Genre) agierenden Company längst zustehen sollte. Zeit also für ein kleines Spezial. Los geht es jedoch mit für Trustkill eher untypischem Material. Denn Bedlight For Blue Eyes spielen klassischen Poprock. Welcher irgendwann sicherlich vom Emocore abgeleitet wurde, auf "Life On Life's Terms" (Trustkill/SPV) allerdings trotz der eigenwilligen Stimme von Sänger Daniel Rinaldi arg unspektakulär klingt. Schwamm drüber. Ganz anders liegt der Fall dann bei Hopesfall: Die hatten nach einem Exkurs zu Roadrunner schonmal Höhenluft geschnuppert. Mit "Magnetic North" (Trustkill/SPV) hat die Band aus North Carolina ihren Stil jedoch perfektioniert. Und so ein faszinierendes Werk zwischen den Eckpfeilern (späte) Deftones bzw. der Postcore-Brillanz von Cave In geschaffen, welches in songwriterischer Hinsicht einem Überwerk wie "White Pony" verdammt nahe steht. Ganz großes Kino, welches durch die Fusion der atmosphärischen Spielweise der beiden Gitarristen mit Jay Forrests ergreifender Stimme schier zerreißende Intensität entpuppt. Für ein wenig Ernüchterung sorgen anschließend It Dies Today, deren Metalcore/Pop-Mix auf „Sirens“ (Trustkill/SPV) zwar phasenweise äußerst hittauglich, dazu aber reichlich konturlos ausfällt. Außerdem: Das gleiche haben A Day To Remember vor zwei Wochen deutlich überzeugender auf Band gebracht. Zeit, wieder auf echte Innovatoren des Metalcore-Genres zurückzukommen. Zu welchen man Nora nach ihrer zehnjährigen Karriere trotz nur dreier Longplayer vorbehaltlos zählen kann. Wenngleich ihr neuestes Werk “Save Yourself” (Trustkill/SPV) Stagnation auf hohem Niveau bietet: Ebenso fett wie kantenreich rockt sich die viel beschäftigte Band (Sänger Severson leitet Ferret Records, Bassist Olender gröhlt bei Burnt By The Sun) durch zehn Tracks, welche zwischen Everytime I Die, Botch und Frodus immer wieder griffige Hooklines finden. Dass dabei kaum Akzente gesetzt werden, stört angesichts der vorbehaltlos zündenden Songs sowie des starken Artworks kaum. Das große Finale dieses kleinen Trustkill-Specials schließlich bestreiten Throwdown… die auf „Venom & Tears“ (Trustkill/SPV) jedoch weniger nach ihrer eigenen Vergangenheit denn nach Pantera klingen. Tatsächlich: Schon im Opener „Holy Roller“ erinnern die Vocals an Phil Anselmo, das Gitarrenspiel an Dimebag Darrell sowie die Produktion unverholen an die enorme Aggressivität von „Vulgar Display of Power“. Ein Eindruck, der sich im Verlauf der 13 Track sogar noch verstärkt. Was verschiedene Konsequenzen haben dürfte: Die Metal-Community, welche Throwdown nach den Ozzfest Shows ohnehin schon ins Herz geschlossen hatte, wird dem Quartett endgültig ihren Segen erteilen – spätestens bei der abschließenden Sepultura-Coverversion („Propaganda“). Die Hardcore-Szene jedoch dürfte sich an dem Material scheiden: Kann der Gesichtsverlust tatsächlich durch fraglos mehr als durchschlagskräftige Songs kompensiert werden? Soviel steht fest: „Venom & Tears“ markiert einen Wendepunkt in der Karriere der Formation aus Orange County. Welcher sich dank Nackenbrechern wie „I, Suicide“ zumindest in kommerzieller Hinsicht bezahlt machten könnte.

Ex-Fear Factory Dino Cazares versucht sich nach dem (zeitlich geschickt platzierten) Weggang von den ehemaligen Brötchengebern wieder einmal an seiner Vision des "Future Of Metal". Und mit Hate Eternal Schlagzeug-Tier Tim Yeung hat er für seine Mission gleich den richtige Supporter gefunden. Den bei aller Aggressivität schwer groovenden Mix aus Neotrash und Metalcore samt einer Prise Meshuggah vervollständigt Sänger Tommy Vext, dessen Vocals das übliche Repertoire zwischen Gröhlen und Singen abdecken. Der Reiz des Materials von Divine Heresy liegt somit weniger in der grenzensprengenden Kreativität des Materials, sondern an seiner immensen Durchschlagskraft: Zwischen monoton und vertrackt hämmert sich "Bleed The Fifth" (Roadrunner Records) durch zehn Songs, die trotz moderner Elemente angenehm neben den üblichen Trends laufen. Ziemlich exakt am Puls der Zeit dagegen rangiert das Debüt von The Sorrow. Ausgerechnet aus Österreich stammend, positioniert sich das Quartett zielsicher zwischen Shadows Fall und Killswitch Engage. Entgegen seiner Herkunft klingt "Blessings From A Blackened Sky" (Drakkar/SonyBMG) nämlich eher amerikanisch, allenfalls noch nach dem klassischen Göteborg-Sound. Viel eigene Identität steckt jedenfalls noch nicht hinter The Sorrow. Durch ihr enorm treffsicheres Songwriting („Death From A Lovers Hand“) aber sind die Grundsteine für eine längerfristige Karriere schon gelegt. Und wer weiß: Vielleicht haben wir es hier mit den kommenden In Flames zu tun?

Unser Doppelpack Eletro-Metal wird in dieser Woche von Emigrate eröffnet. Einem neuen Projekt, welches - brrr - Rammstein-Gitarrist Richard Z. Kruspe ins Leben rief. Und dessen möglicher Reiz auf der vorliegenden Promoversion von "Emigrate" (Motor Music) mit diversem Geplapper ("This CD is for promotional use only...") sowie vorzeitigen Fadeouts schon im Keim erstickt wird. Ob sich tatsächliche Qualitäten hinter dem im Alleingang entstandenen Material verbergen, bliebt somit schwer zu sagen. Der melodische, elektronisch aufgepimpte Hardrock zwischen Filter, Paradise Lost und Ooomph! klingt in jedem Fall doch eine ganze Spur angenehmer als angesichts des bisherigen Betätigungsfeldes erwartet. Gleichzeitig in den Ring treten auch Ministry, übrigens erklärte Vorbilder von Emigrate. Jourgensen und seine Anarcho-Garde warten nach einer zwischenzeitlich eingeschobenen, nervigen Remix-CD wieder mit einem regulären neuen Album auf. "The Last Sucker" (13th Planet) soll entsprechend des Titels das letzte Lebenszeichen der Industrial-Metal-Ikone werden. Und geht als durchaus würdiger Abschied durch die Zielgerade. Die elf Tracks bersten vor Energie beinahe über: Maschinelles Drumming, derbe Gitarrenriffs, eine Lärmwand aus Samples sowie die effektbehandelte Stimme Jourgensens kreieren einen Bastard, der mit dem abermaligen Engagement von Tommy Victor (Prong) sowie Paul Raven (Killing Joke) noch einmal einen Höhepunkt kreiert: Das finale "End of days" beispielsweise „featured“ Burton C. Bell (Fear Factory). Und mit "Roadhouse Blues" von den Doors findet sich gar noch eine treffsichere Coverversion. Meine Herren: Gut gemacht - und raus.

Das niederländische Rusty Cage Label führt schließlich direkt ins Finale unserer Knüppel-Rubrik. Den Newcomern von Magnacult merkt man diesen Status auf ihrem Debüt "Synoré" (Rusty Cage/H'art) zunächst kaum an: Ihr präziser Neothrash dröhnt ebenso groovig wie atmosphärisch aus den Boxen. Trotz klarer Referenzen an die Nordlichter von Meshuggah verliert sich das Quintett jedoch nicht in technischem Wahnsinn, sondern setzt durch einige organische Momente Akzente. Zwar hält sich der Wiedererkennungswert dennoch in Grenzen, in der zweiten Liga hinter Disbelief und Burst sollte dennoch ein Plätzchen für die Holländer frei sein. Oha. Sagte ich gerade Meshuggah? Die darf man für Obsidian gleich nochmal hervorkramen. Denn "Emerging" (Rusty Cage/H'art) lehnt sich sogar noch eine Spur direkter an Fredrik Thordendal und Konsorten an. Wenngleich man weder in Punkto Songwriting noch was die Produktion angeht wirklich mithalten kann. Dafür spendieren Obsidian auf diesem überarbeiteten Re-Release (das Werk erschien im heimatlichen Holland schonmal mit den Vocals des ex-Sängers) großzügigerweise eine Portion Harmonie, weshalb durchaus Zugang zu den acht frickeligen Tracks zu finden ist.

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