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New Idea Society

The World Is Bright And Lonely

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Angenommen der junge Conor Oberst hätte einst Sunny Day Real Estate im Studio besucht, selbige erst ausgesperrt, um sie später dann doch wieder dazuzuholen, dann hätte dieses Album dabei herauskommen können. Soweit die Fiktion und der Konjunktiv. Alles andere als fiktiv ist aber Mike Law, der sich hinter New Idea Society verbirgt und mit „The World Is Bright And Lonely” die vielleicht ergreifendste Platte des Jahres aus dem Dunstkreis von Emo aufgenommen hat.
Natürlich geht es hier um den Begriff Emo, als er noch nicht Schimpfwort war. Als er noch nicht durch schwarzen Eyeliner und Klamotten von H&M definiert wurde. Musikalisch bezieht sich „The World Is Bright And Lonely“ auf eine Zeit, als diese Schublade von Bands wie Jawbreaker, Texas Is The Reason oder eben Sunny Day Real Estate besetzt war. Die gute alte Zeit also mal wieder... Aber im Ernst: Das zweite Album von New Idea Society ist zu keinem Zeitpunkt altbacken, sicher aber auch nicht futuristisch. Mike Law hat seine Songs und einige Freunde - darunter Stephen Brodsky (Cave In) und Kurt Ballou (Converge) - mit ins Studio genommen und holt jetzt zum ganz großen Schlag aus. Zwölf Songs mit dem Mut zur großen Geste, aber nie überpathetisch und dabei immer so nah am Ohr des Hörers. Und das hat seine Gründe: denn das Album wurde zum Großteil live und mit allen Musikern in einem Raum eingespielt. Overdubs gibt es keine und das macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn Law alleine mit der Gitarre vor dem Mikro sitzt und die Musik an Alternative Country erinnert oder sich am Singer/Songwriter- Genre reibt. „Because that is what music sounds like“, schreibt Law dazu und Recht hat er. Da wird geschrammelt und gelitten, als gäbe es kein Morgen mehr. Aber immer fernab der kitschigen Schmerzgrenze und von Grund auf ehrlich. Während sich Dashboard Confessional ins Niemandsland der Popmusik verabschieden, machen Law & Co. scheinbar alles richtig. Bei „Dress Shirt“ dem vielleicht besten Song des Albums kommt alles zusammen: die raue Produktion, Laws eindringliche Stimme, Singer/Songwriter-Gestus zu Beginn, bis dann plötzlich die E-Gitarre durchbricht und das ganze eine mitreißende Emocore-Wendung nimmt. „Where Are You Now“, „Waking Dreams And Rooms“, „Medicine Show“ und natürlich der Titelsong beweisen, wie vielseitig “The World Is Bright And Lonely” ausgefallen ist und wie viel Gespür Mike Law und seine Truppe für ein tolles Songwriting an den Tag legen.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 49:27 / Singer/Songwriter / Midwestemo


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Du hast wert darauf gelegt, dass „The World Is Bright And Lonely” ohne Overdubs aufgenommen wurde und dass alle Musiker in einem Raum zusammen gespielt haben. Verglichen mit vielen anderen Alben, die im Moment aufgenommen werden, ist das nicht gerade üblich. Warum ist diese Art aufzunehmen für dich entscheidend?
Mike Law:
Die meisten Alben, die ich in letzter Zeit gehört habe, klingen sagenhaft langweilig. They have auto-tuned vocals und das Schlagzeug wird nach einem genauem Raster angelegt. Viele Alben haben sogar stock sound samples, die die Live-Drums ersetzen! Ich bin an all dem nicht interessiert. Ich wollte ein Aufnahmeumfeld erzeugen, wo die Songs so eine Dringlichkeit für jeden im Raum bekommen, dass die Band von den Texten und den Melodien hypnotisiert wird. Ich wollte sicher gehen, dass keine Zeit bleibt irgendetwas zu überdenken. Teilweise hat mich das Überarbeiten unseres letzten Albums dazu gebracht auf diese Weise arbeiten zu wollen. Das bedeutet nicht, dass ich in der Zukunft immer so arbeiten will, aber ihr werdet niemals einen New Idea Society-Song mit auto-tuned vocals oder stock sounds hören.

Die Songs auf dem Album basieren auf deinem Songwriting. Haben sie sich noch verändert, als du sie mit den anderen Musikern eingespielt hast? Konnten sie ihre Ideen miteinbringen oder war es ein straighter Aufnahmeprozess?
Da wir nicht geprobt haben, bevor wir zusammenkamen, um das Album aufzunehmen, musste ich den Leuten mit denen ich arbeitete absolut vertrauen. Sie haben definitiv ihre eigenen Ideen vorgetragen, wenn es um ihre eigenen Parts ging, aber die Grundstimmung der Songs wurde nicht verändert. Aber ja, jede Person fügte etwas von sich hinzu. Bei dem Song „Dress Shirt“ zum Beispiel gibt es fast eine Art Reggae Feeling, das war Steves Idee. Auf diesen Akzent wäre ich selbst nie gekommen, aber es passte perfekt zu der Stimmung und Dringlichkeit des Songs. Das selbe kann man über den Orgel-Part von Chris (DeAngelis) sagen. Für mich klingt das perfekt und es stammt alles von ihm. Was die Songs selbst betrifft und die Arrengements an sich, haben sie sich aber kaum verändert.

Du hast unter anderem mit Stephen Brodsky und Kurt Ballou gearbeitet, in wiefern unterscheiden sie sich von anderen Musikern? Und wenn du eine Band frei nach deiner Wahl zusammen stellen könntest, wer wäre dabei?
Kurt hat bloß bei einem Song Gitarre gespielt, weil er gerade in der Stadt war. Er ist so innovativ, was sein Gitarrenspiel betrifft, dass es immer schön ist ihn dabei zu haben. Das gleiche gilt für Steve und sein Gitarrenspiel. It is mutated and wonderful. Steve und ich sind jetzt schon so lange gute Freunde, dass wir eine sehr emotionale Verbindung haben, wenn wir zusammen Musik machen. Darum sind wir wohl immer wieder in die Musik des anderen involviert. Das feste Line Up mit dem wir in Europa auf Tour kommen ist für mich die perfekte Zusammenstellung, Chris DeAngelis bringt alles zusammen.

Gibt es ein Thema, dass sich durch alle Songs der Platte zieht? Eine spezielle Stimmung, ein konkretes Gefühl? Oder ist das neue Album „einfach“ eine Sammlung der Songs, die du in den letzten Jahren geschrieben hast?
Es gibt sicherlich ein Thema auf dem Album. Es gibt Duzende über Duzende Songs, die es nicht auf das Album geschafft haben, weil sie nicht ins Konzept gepasst haben. Man muss gar nicht über den Albumtitel hinaus schauen, um das Thema zu finden. Es gibt um die beiden Extreme von Gefühlen, die bipolare Art, wie man sich von Tag zu Tag fühlt. Das Album entdeckt den Fakt, dass wir während wir diese extremen Emotionen spüren, niemals in einem realen Moment befinden, never in any real present tense unless we can shed those burdens. Unsere Vergangenheit ist genauso relevant, wie wir unsere Zukunft wahrnehmen und unsere Gegenwart. Unsere Träume sind genauso real, wie wenn wir wach wären.

Abschließende Frage: Was beeinflusst dich als Songwriter generell?

Wie ich mich von Tag zu Tag fühle beeinflusst meine Songs. Other artists that create for absolutely no reason but to make art und Leute, die sich verpflichtet fühlen Leben anderer besser zu machen. Menschen wie Woody Guthrie, Howard Zinn, Rebecca Turbow, Attila Joszef, William S. Burroughs inspirieren mich.

Text + Interview:





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