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Anna Zoitke

Wieviel Liebe kannst du tragen

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Anna Zoitke. Das ist in erster Linie die Band von Crash Tokio-Gitarrist Hase. Mit seiner Hauptband hat Anna Zoitke aber wenig gemein. Auf „Wieviel Liebe kannst du tragen“ gibt es keinen discotauglichen Indiepop, sondern vielmehr Popsongs nach echter Songwritermanier, die natürlich - wie der Albumtitel schon verrät - um nicht weniger als das große Ganze gehen.
Stand Hase vor zwei Jahren noch alleine auf der Bühne um sein Baby vorzustellen, war schnell klar: Da muss eine Band her, die den Sound voller macht und dem Sänger und Gitarristen die Freiheit gibt sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Erfreulicherweise hat auch dieser Schritt nicht dafür gesorgt, dass man Parallelen zu Crash Tokio finden kann, denn es gibt ja eigentlich nichts Schlimmeres, wenn Neben- bzw. Zweitprojekte wie ein schlechter Seitensprung und eine miese Kopie der Hauptband klingen. Überschneidungen werden schon damit ausgeschlossen, dass auf deutsch getextet wird. Das kann natürlich schnell mal in die Hose gehen, schließlich merkt man deutschen Texten ihre Schwächen viel schneller an als englischen. Tatsächlich könnte man an dieser Stelle - wenn man wollte - Anna Zoitke so richtig einen vor den Latz knallen, denn Hase bewegt sich poetisch ein ums andere Mal nahe am Abgrund. Da gibt es zum Beispiel ein „Tränenmeer“ und „ein Boot, aus Gold gebaut“. Böse Zungen würden manchen Text schon in die Schlagerecke stellen und tatsächlich müsste es ein Stück wie „Unsere Liebe“ eigentlich problemlos in die Charts schaffen. Da kommt der Refrain mit Anlauf, Streichern und zudem sowas von eingängig daher, dass man sich nicht nur einmal dabei ertappt, wie man die Nummer zwei Stunden später immer noch als Ohrwurm im Kopf hat. Aber genau das war sicherlich auch ein wenig das Ziel, denn schließlich wäre er nicht der erste junge Mann aus Süddeutschland, der sich auf die Suche nach dem perfekten Popsong begeben hätte – man denke da nur an Tobias Kuhn. Aber halt jeder Verdacht ist unbegründet, denn hinter Anna Zoitke steht halt eben nicht so oft wie in diesen Tagen ein Major, der mit Deutsch-Pop gut abkassieren will, sondern das Indielabel Red Can Records. Die zehn Songs auf „Wieviel Liebe kannst du tragen“ wurden in Eigenregie aufgenommen, das Artwork selbst entworfen und gebastelt. D.I.Y. funktioniert halt auch fernab der Hardcore-Szene. Aber zurück zur Musik: Die überzeugt einen zwar nicht restlos, klingt manchmal doch etwas flach, hat aber auf jeden Fall seine Höhepunkte und Stärken. Das raffinierte „Pferd oder“ überzeugt mit feiner Synthesizer/Keyboard-Arbeit, „Komm bleib stehen“ klingt nach locker, flockigem Indierock mit starkem Refrain und bei „Entkommen“ mag man fast Coldplay-Gitarren heraushören. Thematisch ist die Platte eine Art chronologisches Konzeptalbum über eine Beziehung geworden. Zum Glück kommt das aber bei Hase wenig autobiografisch und weinerlich rüber, vielmehr übernimmt er die Rolle des Beobachters. Mit The Good Lifes „Album Of The Year“ kann das zwar noch nicht ganz mithalten, aber schön anzuhören ist das allemal.

Bewertung: 6 von 10 Sternen / Spielzeit: 33:08 / Deutsch-Pop

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