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MISC - Oktober 2007 l #09

Eine Runde auf dem Kinderkarussell

Caretta_Caretta.jpgBaby_Woodrose.jpgStrins_of....jpgSlup.jpgSturch.jpg

Diesmal mit:

Caretta Caretta | Baby Woodrose | Strings Of Consciousness | Slup | Sturch

Wir drehen noch einige Runden auf dem Gefährt namens Karussell und die erste Karussellfigur auf die wir uns setzen ist eine Schildkröte, eine unechte Karettschildkröte (Caretta Caretta) um genau zu sein. Die Band aus Würzburg bietet auf ihrem Debütalbum „We Can Not Speak This Language“ (Coraille) verspielten bis leicht frickeligen Postrock. Ohne Gesang, dafür aber mit viel Seele. Steht den Genregrößen in Nichts nach, ist jedoch keine billige Kopie – ganz im Gegenteil: Das hier ist verdammt eigenständig. Und verdammt gut.

Wir überspringen das Polizeiauto und sitzen lieber gleich auf dem Magic Bus auf: Die dänischen Hippies Baby Woodrose sind zurück mit einem Album voller buntem Psychedelicpop. Und das obwohl sie mit „Chasing Rainbows“ (Bad Afro / Cargo Records) zu den Produktionsweisen ihres Debüts zurückkehren, das ja damals doch eher garagenrockig ausfiel. 2007 ist davon keine Spur mehr. Mit dem Kopf in den Wolken wird hier musiziert und selbst, wenn gegen Ende der Platte leicht düstere Töne angeschlagen werden, so ist das nur eine kleine Wolke, die sich an einem sonst leuchtend blauen Himmel vor die Sonne schiebt.

Der dritte Ritt an diesem wunderbaren Rummeltag ist eine Fahrt mit dem Leichenwagen. Das weltweite Künstlerkollektiv Strings Of Consciousness hat mit „Our Moon Is Full“ (Central Control International) ein düster-hypnotisches Debütalbum aufgenommen, das sich irgendwo zwischen den Polen Ambient, Indie und Experiment bewegt. Die außergewöhnliche Instrumentierung, die sowohl Cello, Harfe, Klarinette und Saxophon wie auch Laptopprogramming, Theremin und Echokammern umfasst, und die verschiedenen Erzähler (in den wenigsten Songs wird hier tatsächlich gesungen, es werden vielmehr Geschichten erzählt) erzeugen eine ganz eigene Stimmung. Außergewöhnliche Musik für Menschen, die gerne mal über den Tellerrand schauen.

Da es auf jedem Karussell auch ein Gefährt gibt, das so zwar nicht schlecht ist, einen aber nicht anspricht, kann ich zur Platte „Miasma“ (Horror Business Records) von Slup nichts sagen. Das hat was mit Punk zu tun, mit Skateboardfahren, mit wütend sein und mit Spaß haben. Sicher auch mit Bier. Wer sich also für diese Dinge begeistern kann, sollte hier mal ein Ohr riskieren. Ich glaube die Platte ist ganz gut.

Das wirklich häßliche Pferd auf dem keines der Kinder fahren will, heißt auf diesem Karussell jedoch Sturch. Fünf Mittzwanziger haben eine Vorliebe für Tool und in den letzten zehn Jahren zu viel schlechten Alternativeschmonz gehört. Eigentlich kein Grund die Welt mit so einem miesen Album wie „Beauty, Anger & Aggression“ (Swell Creek Records / Soulfood) zu belästigen. Tun sie aber trotzdem.

Autor: Steffen Kern


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