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Sigur Ròs

Hvarf / Heim

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Bisher haben Sigur Ròs immer alles richtig gemacht. Die Isländer haben drei einzigartige Studioalben eingespielt, pompöse Konzerte an Orten der Hochkultur gespielt und ihren Exoten-Status durch eine exklusive Veröffentlichungspolitik und den Teilboykott der Musik- und Medienmaschinerie mehr als kultiviert.
2006 tourten Sigur Ròs nach mehreren Weltumrundungen entlang der Ringstraße durch ihre isländische Heimat. Dabei entstand nicht nur der opulente Musikfilm „Heima“, sondern mit „Hvarf / Heim“ auch ein Doppelalbum, für das elf Tracks teils elektrisch, teils akustisch neu eingespielt wurden. Die Freude darüber hält sich allerdings in Grenzen. Besonders „Heim“ mit Akustikversionen von „Staralfur“ und „Agaetis Byrujun“ kann den Originalen keine neue Note geben, „Heysatan“ von letzen Album „Takk“ war ohnehin schon Kammermusik. Außerdem kommen die Stücke abzüglich ihres Cinemascope-Effekts schlicht und einfach zu schmalbrüstig daher, um zu fesseln. Zumindest haben Sigur Ròs mit „Von“, „Vaka“ und „Hafsol“ drei Stücke von ihrem relativ ziellosen Debüt „Von“ ausgegraben und um einiges ansprechender arrangiert. Die Neuaufnahme des infernalen „Hafsol“, bei der Georg Holm mit einem Drumstick seinen Bass traktiert, dürfte Konzertgängern aber ebenfalls schon seit mehreren Jahren bekannt sein. Und auch die Qualität der Aufnahme ist kaum besser als der Mitschnitt des Zündfunks vom Konzert im Münchner Herkulessaal aus dem Frühjahr 2003. Damit hat „Hvarf / Heim“ als Bootleg kaum einen größeren ideellen Wert als das schmucklose Tape mit eben jener Radioaufnahme, dass jahrelang vor dem Überspielen behütet wurde. Gerettet wird das Doppelalbum letztendlich durch zwei zuvor unter Verschluss gehaltene, gelungene Neuinterpretationen von Stücken, die Sigur Ròs um die Jahrtausendwende geschrieben haben. „Hiljómalind“ ist eine gefällige, poppige Single im Stile von „Hoppipolla“, „I gaer“ dagegen hätte mit seinem düsteren Bombast wunderbar auf das 2003er-Album „( )“ gepasst, macht aber auch als Island-Soundtrack auf der DVD eine gute Figur. Ob es bei 36 Minuten („Hvarf“) bzw. 35 Minuten („Heim“) Spielzeit der beiden CDs aber ein zugegeben schmuckes Doppelalbum gebraucht hätte, muss man fast schon wieder verneinen, zumal das Package mit ca. 20 Euro nicht gerade billig daherkommt. Eines muss man Sigur Ròs allerdings lassen: Sie kennen ihren Marktwert. Einen Freifahrtschein muss man ihnen deshalb noch lange nicht ausstellen. Ergo: Der Fan muss „Hvarf / Heim“ ärgerlicherweise natürlich haben, der Rest wartet lieber gespannt aufs nächste Album.

-- / Spielzeit: ca. 71 Minuten / Cinemascope, Island-Pop

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