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Raz Ohara & The Odd Orchestra

s/t

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Klar kann man es als "dreist" bezeichnen, nach noch nicht einmal zwei Wochen 2008 mit Phrasen wie "Album des Jahres" zu kokettieren. Wie sonst jedoch kann man einem Werk gerecht werden, welches in seiner puren Anmut selbst dem viel zitierten Singer-Songwriter-Rootspop dringend notwendige Verjüngungskuren verpasst?
Und zu allem Überfluss von einem in Berlin lebenden Dänen stammt, welcher beim stilsicheren Elektrolabel Get Physical veröffentlicht. Dem in seiner Kitty-Yo-Vergangenheit zwar schon das Potenzial zum großen Wurf unterstellt wurde; gelungen ist diese Mission nun zusammen mit dem einköpfigen Odd Orchestra. A.k.a. Oharas’ Freund Oliver Doerell. "Odd", auf wunderbare Art seltsam, klingt die Musik der beiden tatsächlich. Auch jenseits der Single "Kisses", die mit ihrer hektisch atmend vortragenden Stimme im ersten Drittel der Spielzeit ein famoses Ohrwurmpotenzial offen legt. Was darüber hinaus in den elf Stücken mit zerbrechlicher Stimme und einer geradezu einlullenden Melancholie passiert, rührt das Herz der Hörer auf eine derart elegante, warmherzige Weise, dass man als Rezensent nach Worten ringt. Raz Ohara & The Odd Orchestra finden ihren ganz eigenen Transmitter zwischen analog und digital. Weshalb trotz inhaltlich längst abgegraster Themenlandschaften Stücke entstehen, bei welchen man sich zwischen Attributen wie existenziell zwingend oder famos fokussiert nur deswegen verliert, weil alles derart leicht und selbstverständlich klingt. Nein, hier muss trotz gebrochenem Herzen niemand getröstet werden. Ohara arrangiert sich mit seinem Schicksal - und daraus Tracks, die schneller zu einem Begleiter werden, als man es ihnen in ihrer zurückhaltenden Art zugetraut hätte. Ob er mit "Love For Mrs. Rhodes" die gute Lou von Lamb meint? Legte sie doch einen ähnlichen Weg - weg von Laptopfrickeleien hin zu Singer-Songwriter-Kultur - zurück. Dennoch: Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, als würde es diese Platte sogar in die Clubs schaffen. Erste Remixe kündigen sich bereits an. Und wer weiß, ob uns perfekte Songs wie "The Agony" die nächsten Monate auch in anderem Kontext begleiten werden? Unabhängig davon hält diese Wohltat für mehr als nur den Augenblick vor. Also etwa doch: Das früheste Album des Jahres?

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 50:27 / Singer-Songwriter

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