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Alela Diane l Tina Dico

The Pirate's Gospel l Count To Ten

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Ich mag dieses Format: Zwei Platten gegenüber zu stellen, welche eigentlich gar nicht viel miteinander zu tun haben. Von minimalen gemeinsamen Referenzen als Ausgangspunkt auf die individuellen Reize der - in diesem Fall - Künstlerinnen hinzuarbeiten. Diane und Dico zumindest grenzt schon rein äußerlich einiges ab: Während erstere, der stilistischen Ausrichtung des legendären Fargo Labels untergeben, nachdenklich von dem antiquiert-angegilbten Coverfoto blickt, darf es im anderen Fall sogar ein wenig Pop-Art sein.

Alela Diane setzt jene Stimmung musikalisch fraglos adäquat um. Ihr "Pirate's Gospel" strahlt spartanisch Lichtblitze in das Dunkel der elf Kompositionen. Ihre Stimme, eine Akustik-Gitarre, mehr benötigt sie dafür kaum. Diane entstammt der höchst aktiven Portland, Oregon-Szene, welche alleine in dieser Woche auf unserer Seite wieder exorbitant häufig mit Neuerscheinungen auf sich aufmerksam macht. Vielen dieser Künstler gemein bleibt der eigenwillige Charme ihrer Musik, welche irgendwo zwischen ländlicher Einöde und familiärer Verbundenheit zu den musikalischen bzw. religiösen Wurzeln entsteht. Da darf dann auch mal eine Strophe nur gepfiffen werden; da tritt plötzlich ein mehrköpfiger Kinderchor in Erscheinung. Im Titelsong ergänzen männliche Chants in Seebären-Manier den Refrain. Dennoch klingen die spirituellen Melodien und die, mit hohem Wiedererkennungswert ausgestattete, Stimme von Alela Diane besonders nach. "The Pirate's Gospel" verhallt nicht als nur ein weiteres Werk einer sehr aktiven kulturellen Provinz. Dieser auf zurückhaltende Weise betörenden Musik soll gerne noch mehr folgen. Vorerst darf man Fargo Records allerdings dankbar sein, dieses ursprünglich in Kleinstauflage und Eigenregie veröffentlichte Album überhaupt einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen.

Tina Dico dagegen veröffentlicht bereits ihr viertes Album und konnte – zumindest in der Heimat Dänemark – bereits einiges an Lorbeeren (inklusive Top-Ten-Notierungen) einfahren. Dabei klingt die Musik der 30-jährigen keineswegs nach massentauglichem Chart-Pop… wenngleich das Cover-Artwork von „Count To Ten“ derartige Rückschlüsse durchaus nahe legen würde. Nein, Dico hält die Fäden für ihre Musik am liebsten selbst in der Hand und übernahm diesmal neben dem Songwriting sowie der Instrumentalarbeit (von Gitarre über Piano bis hin zu Blasinstrumenten, Streichern sowie Elektronik) auch einen guten Teil der Produktionsarbeiten. Überfrachtet wirken die zehn Stücke dennoch nicht. Allein der schmale Grat zwischen Singer-Songwriter-Tiefe und Pop-Leichtigkeit wird dem eingängigen Material phasenweise zur Gefahr. Doch genau hier mag der besondere Reiz von „Count To Ten“ liegen: Einmal nicht im Weltschmerz versinken, sondern der Melancholie mit optimistischer Geste das Feld streitig machen - Tina Dico gelingt eben das besser als das (oft verheerende) Vorhaben, Substanz durch Schwermut zu ersetzen. Live wird die Dänin hierzulande neben einer Clubtour auch an der Seite von Brian Ferry zu sehen sein. Und dabei sicherlich einige Freunde anspruchsvoller Pop-Musik auf ihre Seite ziehen.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 38:33 / Singer-Songwriter
Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 49:10 / Singer-Songwriter-Pop

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