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MISC - März 2008 l #14

sellfish.de Easter METAL Special

cavaleraconspiracy-inflikted.jpgdivinity-allegory.jpgdreamtheater-greatesthits.jpgdismember-dismember.jpgilldisposed-theprestige.jpgkreator-atthepulse.jpghatesquad-wartunes.jpgawakendemons-fromheaven.jpg

Diesmal mit:

Cavalera Conspiracy | Divinity | Dream Theater | Dismember | Illdisposed | Kreator | Hate Squad | Awaken Demons

Nachdem sowohl Sepultura als auch Soulfly zuletzt (zumindest angesichts früherer Leistungen) kreativ etwas konturlos vor sich her dümpelten, war es nur eine Frage der Zeit, bis eine Quasi-Reunion von Max und Igor Cavalera ins Haus stand. Also wurden geschäftstüchtig sämtliche Zwistigkeiten beiseite gelegt, und unter dem Titel Cavalera Conspiracy erscheint nun das erste gemeinsame Werk der Protagonisten seit mehr als zehn Jahren (tja, liebe metallischen Kollegen, sooo alt sind wir schon). Und muss haushohen Erwartungen gerecht werden. Was "Inflikted" (Roadrunner Records) leider zum Verhängnis wird: Zwar haftet den elf schön dreckig produzierten Songs ein angenehm ungehobelter Charme an. Ein Großteil der Kompositionen kommt jedoch leider nicht über Durchschnittsniveau hinaus. Vielleicht auch deswegen, weil die Cavalera-Verschwörung etwas zu unentschlossen zwischen Punk-Attitüde und neunziger Jahre Groove-Metal pendelt. Dabei wird die ungehobelt runter gerotzte Crust-Nummer "Nevertrust" plötzlich zum Highlight eines Albums, welches anstelle von innovativ eher antiquiert wirkt.

Wer bei den Schlagwörtern "Kanada" und "Metal" zunächst an die Krawallbrüder von Kataklysm und dann am besten noch an die Frickelmeister von Into Eternity denkt, findet hier den Missing Link zwischen beiden Welten: Divinity heißen diese Newcomer aus Calgary, Alberta. Und sie konnten mit ihrem Debüt "Allegory" (Nuclear Blast/Warner) nicht umsonst gleich einen Deal mit Branchenriese Nuclear Blast einheimsen. Mit den zehn Songs verbinden sie auf treffliche Weise das Demonstrieren ihrer technischen Fähigkeiten, komplexe songwriterische Finesse sowie das besondere Talent, dazwischen sogar noch den einen oder anderen Part mit Wiedererkennungswert einzuflechten. Tatsächlich versteckt sich hinter dem vielschichtigen, manchmal etwas konstruiert wirkenden Material so manche zündende Hookline. Deren voller Wirkungsgrad jedoch erst nach etwa einem halben Dutzend Hördurchgängen zur Entfaltung kommt. Wer allerdings eben an jenem Wachstumsprozess Spaß hat, der findet in Divinity exquisites neues Futter. Und im Gegensatz zum „großen Bruder“ Into Eternity wartet „Allegory“ mit famosem Sound auf…

Nachdem Dream Theater mittlerweile via ihrem neuen Label Roadrunner Records dezent kleinere Brötchen backen müssen (wollen?), blickt ihr langjähriger Major-Vorstand Warner Music nun noch einmal zurück. Wie das nun mal so üblich ist. Mit der herrlich zynisch betitelten "Greatest Hits (...And 21 Other Pretty Cool Songs)" (Warner Music) Kollektion wird anhand zweier, randvoller CDs bzw. 22 Tracks die Zeit von 1991 bis 2005 rekapituliert. Eben dieser Greatest Hit, gemeint ist natürlich "Pull Me Under", eröffnet die bandtypisch aufgemachte Zusammenstellung denn auch. Und erstrahlt, ebenso wie die beiden anderen Vertreter des Bestsellers "Images And Words" (1992), erfreulicherweise in einem deutlich weniger klinischen Soundgewand als der Ursprungsmix. Neben einigen wenigen B-Seiten dürfen sich Kenner der Materie vor allem über alternative Mixe bzw. Edits bekannter Highlights freuen; das meiste allerdings wird sich mit der privaten Sammlung doppeln. Nichtsdestotrotz eignet sich das in eine "Dark Side" sowie "Light Side" geteilte Best-Of-Programm aufgrund gelungener Songauswahl sowie netter Linernotes prima als Einstieg in die komplex-bombastische Welt der New Yorker Progmetaller.

Die traditionelle skandinavische Deathmetal-Szene meldet sich in den letzten Wochen und Monaten mehr als gekonnt zurück ...und zeigt sich dabei überraschend konsequent von ihrer Retro-Seite. Was besonders im Falle Dismember vorbehaltlos erfreuen darf; wobei sich bei jenen ein derartiges Vorhaben ja zuletzt bereits mit dem etwas halbseidenen "The God That Never Was" sowie der Tour mit Grave und Entombed andeutete. Ihr selbstbetiteltes neues Werk wurde jedoch nicht umsonst derart schlicht benannt: "Dismember" (Regain Records) birgt nichts weniger als die Essenz der Stockholmer: Von schleppenden Riffmonstern wie "Europa Burns", über die so einflussreiche melodische Arbeit der tiefer gestimmten Gitarren hin zu der charakteristisch-schmutzigen Produktion... Genau: Fred Estby konnte diesmal damit auch den entscheidenden Schwachpunkt des Vorgängers ausmerzen. Somit gilt: Dismember 2008 befinden sich wieder - und mehr denn je - in blendender Verfassung.
Schon etwas überraschender allerdings kommt die Kehrtwende im Falle der Dänen von Illdisposed: Jene gefielen in der Vergangenheit ja durch so manchen Schabernack, dank welchem sie ihr enges Death/Thrash-Korsett Stück für Stück lockerten. "The Prestige" (AFM/Soulfood) dagegen, das neue Werk für's ebenso neu gefundene Label AFM Records, rumpelt konsequent in Todesblei-Manier genau das herunter, was Fans der ersten Stunde so sehr erhofften. Natürlich ohne das entscheidende Trademark der Dänen zu vernachlässigen: Feines, eingängiges Riffing bleibt Ehrensache im Falle Illdisposed. Ebenso wie die Tatsache, dass sich trotz der enormen Härte so manche Harmonie in die zwölf Kompositionen einschleicht. Ich für meinen Teil finde es dennoch schade, dass unter der neuen alten Ausrichtung die punkige Attitüde naturgemäß zurückstecken musste…

Keine Ahnung, im wievielten Frühling Kreator mittlerweile stecken. Das Essener Thrashmetal-Flaggschiff jedenfalls erreichte nach über zwanzigjähriger Karriere erst mit den letzten beiden Longplayern den qualitativen Höhepunkt seiner Karriere. Mit "At The Pulse Of Kapitulation - Live In East Berlin 1990" (Steamhammer/SPV) überbrückt man nun, nach einem DVD-Re-Release von "Enemy Of God", die Wartezeit auf das nächste Werk. Womit Kreator den gegenwärtigen Trend mitfahren, notfalls durch ein CD/DVD-Package gegen das Verschwinden aus den Schlagzeilen anzukämpfen. Dabei darf bezweifelt werden, ob das angesichts der treuen Anhängerschaft überhaupt notwendig wäre. "Live In East Berlin" wird die entsprechende Käuferschicht dennoch verzücken. Schließlich wurde der ursprünglich vor 18 Jahren auf VHS erschienene Konzertmitschnitt gekonnt remastert und erstrahlt auf der DVD gar im Andy Sneaps 5.1 Mix. Dazu kommen neun Videoclips („Horror Movies“) sowie eine Doku. Alles in allem bringt es das Material auf 125 Minuten samt verkaufsförderlichem „FSK 18“-Prädikat. Für Anhänger der „mittleren“ Phase von Kreator unverzichtbar.

Rückblickend mag es durchaus legitim sein, die mancherorts etwas belächelten niedersächsischen H8core-Recken a.k.a. Hate Squad als eine der Gründungsväter zumindest des einheimischen Metalcore zu werten. Denn ja, wenn man den nach dreijähriger Auszeit neuen Longplayer "Degüello Wartunes" (Dockyard 1/Soulfood) einlegt, wird schnell klar, in wessen Tradition Formationen wie Maroon ihre Genreadaption zocken. Da passt es wie die Faust auf's Auge, dass neben den befreundeten Maintain auch Marcus Bischoff von Heaven Shall Burn an den Gastvocals zu hören ist. Allesamt jedoch nur Sahnehäubchen auf diesem - entschuldigt meinen Rock Hard’schen Sprachgebraucht – thrashigen Groovebolzen. Eine äußerst fette Produktion, diesmal aus den bewährten Rape Of Harmonies-Studios, hat bei den Hannoveranern ja ohnehin bereits Tradition. Klar, Weiterentwicklung kann sich die Hörerschaft auch im 15. Jahr des Bestehens von Hate Squad in die Haare schmieren. Dafür gibt's den sympathischsten, Headbanging-forcierendsten Bollo-Metalcore des Landes.
Diese italienische Metalcore-Band firmiert sich aus ehemaligen Reprisal- und Sentence-Mitgliedern (nein, die Rede ist nicht von den skandinavischen Düsterrockern) und stellt sich mit ihrem Debüt-Longplayer in die Tradition von Earth Crisis bzw. deren Europa-Vertretern von Liar. Dass Awaken Demons dabei keinerlei Anstalten von genretechnischer Weiterentwicklung machen, muss nicht überraschen. Wohl aber, dass "From Heaven To Hell" (Demons Run Amok) in seiner stumpf moshenden Sturheit einen nicht zu verachtenden Reiz ausübt. Dazu gehört leider auch, dass hier die "reine" Straight Edge-Lehre (bzw. was die militanten Vertretes der Zunft darunter verstehen...) gepredigt wird. Toleranz sollte dabei jedenfalls weder musikalisch noch textlich gesucht werden. Wer damit aber kein Problem hat (bzw. noch besser: das Ganze mit einer gesunden Portion Ironie sieht), darf sich stattdessen über ein exquisit produziertes Werk freuen, welches eine Menge Nackenprobleme hinter sich her ziehen dürfte...

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