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Gregor Samsa

Rest

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Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. Gregor Samsa haben ein neues Album aufgenommen. Erneut dreht sich alles um etwas, dass seit einiger Zeit unter dem Begriff ‚Postrock’ nur ungenügend zusammengefasst wird. „Rest“ besteht aus neun Songs, die vielmehr aus Flächen und losen Strukturen bestehen, denn aus festen Formeln.
‚Ambient’ würde wohl eher passen, ‚orchestraler Indiepop’ es besser beschreiben. Klangcollagen, die fast immer in Zeitlupe abzulaufen scheinen und sich schon fast der Bezeichnung ‚Musik’ entziehen. Alles klingt wie im Fluss, obwohl die bezaubernden Soundteppiche über einen langen Zeitraum entstanden sind und von ihren Erzeugern teilweise per Email zusammengeflickt wurden. Mehr als ein Dutzend Menschen waren an der Entstehung des Albums beteiligt und die Wohnsitze verteilen sich auf die ganzen Vereinigten Staaten. Umso erstaunlicher, dass dabei so ein schlüssiges zusammenhängendes Werk entstanden ist, das Melancholie für drei Alben in sich trägt. Gregors Blick richtete sich dann zum Fenster, und das trübe Wetter - man hörte Regentropfen auf das Fensterblech aufschlagen - machte ihn ganz melancholisch. Gregor Samsa klingen inzwischen mehr denn je nach Island, ohne sie dabei mit Sigur Rós vergleichen zu wollen, eher schon mit früheren Múm. Das liegt wohl vor allem daran, dass das weit verstreute Kollektiv vermehrt auf Klavier setzen und Gitarren zu großen Teilen außen vor lassen. Ich glaubte Sie als einen ruhigen, vernünftigen Menschen zu kennen. Auf explosive Ausbrüche, laute verzerrte Passagen und Feedbackorgien wird fast komplett verzichtet. Lediglich bei „First Mile, Last Mile“ scheint sich kurzfristig etwas zusammenzubrauen, doch auch hier setzen Gregor Samsa nicht auf das bekannte Laut/Leise-Spielchen, sondern entwickeln ein dezentes Leise/Leise-Geflecht, das überraschend kompakt und mit dem passenden Titel „Du meine leise“ endet. Fast ein bisschen zu viel Entschleunigung diesmal, deswegen aber nicht minder schön. »Ach Gott«, dachte er, »was für einen anstrengenden Beruf habe ich gewählt! Tag aus, Tag ein auf der Reise. Die geschäftlichen Aufregungen sind viel größer, als im eigentlichen Geschäft zu Hause, und außerdem ist mir noch diese Plage des Reisens auferlegt, die Sorgen um die Zuganschlüsse, das unregelmäßige, schlechte Essen, ein immer wechselnder, nie andauernder, nie herzlich werdender menschlicher Verkehr. Der Teufel soll das alles holen!«*

*Quellentext

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 48:02 / Postrock / Indiepop

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