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Scott Kelly l Steve Von Till

The Wake l A Grave Is A Grim Horse

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Die beiden Oberhäupter der übermächtigen Neurosis erweiterten ihr Tätigkeitsfeld längst auch auf andere Territorien. Nun treten sie zeitgleich mit Soloalben in (schummeriges) Rampenlicht. Was ihnen einerseits Aufmerksamkeit, jedoch aber gleichermaßen stetige Vergleiche bescheren dürfte. So jedenfalls bei uns – schließlich scheint angesichts der stilistischen Ähnlichkeit diese Rubrik prädestiniert für eine Besprechung.

Scott Kelly, Gitarrist und Mitbegründer der Postcore-Visionäre, zelebriert auf "The Wake" - seinem zweiten eigenen Output – dabei den absoluten Minimalismus: Nur mit einer Akustikgitarre in der Hand, singt sein raues Organ sieben auf ihre Elementarteilchen reduzierte Songweisen. Diese leben ebenfalls vordringlich von einer beschwörenden Atmosphäre, an welcher die monotone Grundstimmung getreu des Mottos „The weather never changes in my world“ nicht ganz unschuldig ist. Das Platteninfo spricht gar von "Folk-Noir" - und auch wenn die Intensität eines Mark Lanegan oder sogar David Eugene Edwards mit dieser Platte sicherlich nicht erreicht wird: Hier steht ein Mann inbrünstig hinter seinen verknappten Kompositionen. Dabei dürfte zumindest für ihn einmal mehr sekundär sein, welchen Absatzmarkt dieses recht kompakte Werk überhaupt ansprechen kann. Am Ende bleibt ein sprödes Stück Musik, dem auf durchaus beeindruckende Art etwas geradezu Unfertiges anhaftet.

Und die erwähnten Mark Lanegan-Verdachtsmomente verdichten sich im Falle "A Grave Is A Grim Horse" sogar noch. Was im Wesentlichen an den charakteristischen Vocals von Steve Von Till liegt. Dieser zeigt sich von klassischen Singer-Songwritern der Marke Townes Van Zandt oder Nick Drake inspiriert. Und erklärt mich für verrückt: Beim Song "Willow Tree" fühle ich mich gar ein wenig an die Dire Straits erinnert... Wäre da nicht die eigentümlich verzweifelte Grundstimmung, welche der Neurosis-/Harvestman-Sänger mit verstörend getragener Ruhe transportiert. Es gehört fast ein wenig Wagnis dazu, sich auf die melancholisch-getragenen Harmonien der elf Stücke einzulassen. Dank einer guten dreiviertel Stunde wird hier im direkten Vergleich zum Mitstreiter nicht nur objektiv mehr "value for money" geboten; auch die gesamte Inszenierung des Albums klingt nach einem zeitaufwendigeren, liebevolleren Projekt. Fans dieses stilistischen Kontext werden dennoch um beide Werke nicht herum kommen; Außenstehende finden in "A Grave Is A Grim Horse" sicherlich schneller Zugang.

Bewertung: 6 von 10 Sternen / Spielzeit: 34:32 / Singer-Songwriter
Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 48:06 / Singer-Songwriter

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