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MISC - September 2008 l #39

sanfte Klänge, viel Pop und dezentes Schielen gen Tanzfläche

Emiliana_Torrini.jpgODeath.jpgFriendly_Fires.jpgPete_Greenwood.jpgthe_little_ones.jpgEmmy_Moll.jpg

Diesmal mit:

Emilíana Torrini | O’Death | Friendly Fires | Pete Greenwood | The Little Ones | Emmy Moll

„Vielseitig“ ist ja manchmal ein recht zweifelhaftes Kompliment für ein Album. Das kann im Klartext auch heißen: „Kann sich nicht entscheiden“ oder „Nicht aus einem Guss“ oder „Die Songs sind nicht alle auf dem selben Niveau“. Bei Emilíana Torrini und ihrem Werk „Me And Armini“ (Rough Trade / Beggars Group / Indigo) ist das allerdings nicht der Fall. Hier steht einen lupenreiner Popsong („Big Jumps“) problemlos neben einer Indietronic-Skizze („Dead Duck“) oder einer fast klassischen Singer/Songwriter-Nummer („Birds“). Bei „Gun“ hat man ständig das Gefühl, der Song könnte gleich ausbrechen und sich als bisher ungekannte Yeah Yeah Yeahs-B-Seite entpuppen und „Jungle Drums“ versprüht so viel gute Laune, dass man trotz Dauerregen gar keinen Gedanken an den Herbst verschwenden mag. Hier geht alles zusammen, weil alle Facetten gleichberechtigt sind. Der Kollege will dieses Urteil zwar nicht unterzeichnen, aber der hat sich ja bereits beim Vorgänger in Frau Torrini verliebt.

Die These mag gewagt sein, aber wären O’Death nicht beim Qualitätslabel City Slang beheimatet, würden sich nur halb so viel Menschen für die Country-Folk-Punks aus New York interessieren. „Broken Hymns, Limbs And Skin“ (City Slang / Universal) knüpft da an, wo der Vorgänger „Head Home“ vor gut einem Jahr aufgehört hat: Reibeisenstimmen und Männerchöre zum Mitschunkeln, Gefiedel bis die Trommelfelle bluten und permanente Tempowechsel bis der letzte Spannungsbogen gerissen ist. Dazwischen lassen sich immer wieder ein paar gelungene Ausreißer nach oben finden, aber auf Albumlänge funktionieren einfach nicht.

Tighter Bandname, tighter Opener. Friendly Fires starten ihr gleichnamiges Album (XL Recordings / Beggars Group / Indigo) mit einer echten Rakete. „Jump In The Pool“ heißt die und passt auf jede Tanzfläche auf der zwischen den Klaxons und der nächsten Post-Punk-Phase noch ein bisschen Platz ist. Mit einem Sound so klar wie ein Eisberg erobern die Friendly Fires im Sturm unser Herz, nur ums sofort erneut ins kalte Wasser zu schmeißen und nichts Vergleichbares mehr auf ihrem Debüt folgen zu lassen. Schade eigentlich. Die Hälfte des Albums war in den UK bereits schon wieder Single-Auskopplung oder wenigstens ein Hit, wie das halt so ist bei den jungen, hippen Bands von der Insel. Die Percussion erinnert an stellenweise an die letzte The Robocop Kraus-Platte oder an !!! (Chk Chk Chk), dazu noch eine extra Prise Funk, ansonsten aber wenig Neues, wenngleich man sich an den Einflüssen und Songs des Trios wenigstens reiben kann. Und na ja, Platz auf der Tanzfläche ist ja eigentlich auch immer...

Klassischer kann man ein Singer/Songwriter-Album wahrscheinlich gar nicht bestreiten, als es Pete Greenwood mit „Sirens“ (Heavenly / COOP / Universal) tut. Die Akustische immer im Anschlag, dazu manchmal zurückhaltendes Schlagzeug und die üblichen Kniffe, die man in Sachen Instrumentierung noch an den Pop-Tag legen kann. Hier die Mundharmonika, da ein paar Streicher und dort ein bisschen Gebimmel. Das klingt jetzt aber dann doch zu negativ, denn Pete Greenwood hat definitiv seine Hausaufgaben gemacht. Mit Country, Folk und natürlich POP (in Großbuchstaben) kennt sich der Brite bestens aus. Ausfälle gibt es bei den zwölf Songs auf „Sirens“ keine, herausstechen können aber auch nur wenige. Dafür ist alles ein wenig zu glatt, fast schon typisch britische Schule, die am Ende doch immer wieder auf den runden Popsong zurückkommt und wenig Mut, Brüche und Risiko aufweist. Zwar zaubert Greenwood mit seiner Stimme immer wieder tolle Melodien herbei, doch leider erinnert einen das meistens eher an „Streets Of London“ und nicht an „First Day Of My Life“ und daran muss man sich als Singer/Songwriter im Jahre 2008 eben messen lassen.

Das haben sich The Little Ones ja clever ausgedacht. Wollen sie uns mit „Morning Tide“ (Heavently / COOP / Universal) doch tatsächlich 2008 die Harmonielehre noch mal unterjubeln. Kann nicht gut gehen, da helfen auch nicht die unzähligen beatles’ken Melodiebögen, die es auf das Album geschafft haben. Der Vergleich zu The Shins hält einfach nicht stand, weil zu wenig aufregend und anregend und dabei auch noch recht öde und monoton. Elf Songs von denen die meisten früher oder später in die Belanglosigkeit tänzeln. Schöner Indiepop ist halt nicht immer gleich guter Indiepop.

Emmy Moll sind echte Leisetreter. Musikalisch, aber auch in Sachen Live-Präsenz ist das Hamburger Quartett bisher recht schüchtern zu Werke gegangen. Das dürfen sie gerne ändern, denn ihr Album „All The Monsters Are Small And Soft And Scared“ (Popup Records / Labelship / Cargo Records) lässt sich sehen und vor allem hören. Postrock nennt man das seit geraumer Zeit, was die zwei Männlein und zwei Weiblein entstehen lassen, wenn sie sich zum Musizieren treffen. Behutsamer weiblicher Gesang, der immer wieder an die Schwedinnen von Audrey erinnert, trifft auf zurückhaltende Gitarren und eine Rhythmusfraktion, die sich in Demut übt. Nicht immer spannend, aber immer wieder schön. „Mehr Mut!“, möchte man ihnen zurufen, denn dann könnte es beim nächsten Mal noch interessantere und größere Popsongs hageln.

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