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Kam:As

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Ein monumentaler Volltreffer! So kurz und bündig könnte man das zweite Album von KAM AS beschreiben. Wir haben es hier mit progressive, kurz Prog-Rock zu tun. Zu Beginn ein bisschen name-dropping, damit sich der ein oder andere etwas mehr vorstellen kann. Wenn ISIS weniger schreien würden und etwas die düsteren Riffs zurückstecken würden, wenn TOOL ihre dunkle Seite und die kranken Züge etwas drosseln würden und DREDG ihre Einflüsse aus Folklore und Weltmusik weglassen würden, könnte das so klingen. Die aktuelle ISIS-Platte kommt dem ganzen aber wohl am nähesten, nur eben mit viel helleren, offenen Tönen. Als Einflüsse werden MOGWAI und MOTORPSYCHO genannt und auch das passt ganz gut. Schluss nun aber mit Einordnungsgedöns, gehen wir lieber auf die Musik von KAM AS ein und warum das Werk der Band ein fantastisches geworden ist. Kritiker behaupten ja oft, dass fast jedes Prog-Rock-Album in den Himmel gelobt wird, sobald ein paar gute Instrumentalisten einige Songs, gerne jenseits der sechs-Minuten-Grenze und jedem normalen Songformat aufs Band rotzen. Je mehr Gitarren-Geknödel und verkopftere Songstrukturen, desto besser, aber dem ist definitiv nicht so. Gerade in diesem Genre kommt es darauf an, ob die Songs gut sind und funktionieren, denn Langweile kann bei monumentalen (Halb-) Instrumentalstücken schnell aufkommen. Der Reiz ist also, die richtige Mischung zu finden: Die Spannung muss immer gehalten werden, auch fernab von Gesang und vertracktem Schlagzeug. Die Songs müssen atmen, sich entfalten können, gerne auch ausschweifend sein und trotzdem am Ende auf den Punkt sein. Und genau das schaffen KAM AS nämlich. Eine große Leistung bei einer Stunde keine Langeweile aufkommen zu lassen und dabei den Spagat zu schaffen, ein Album zu kreieren, das sowohl als Ambient- oder Hintergrundmusik durchgehen könnte, bei genauerer Betrachtung aber jede Menge bieten kann. Ambientmusik ist dabei nicht negativ besetzt, es zeigt einfach nur die Vielseitigkeit. Das Album verdient Zuwendung und wer dazu bereit ist, wird jede Menge Details entdecken, Spannungsbögen, die sich am Ende wieder auflösen und die Lieder zu einer runden Sache zu machen, ohne das dabei die markanten Eck- und Reibungspunkte fehlen würden. Höhepunkte herauszuheben ist schwer bei einem kompletten Album, als Anspieltipps dürfen trotzdem ein paar Nummern herhalten. „I ride a rat“, geht sofort ins Ohr, obwohl die Strukturen immer wieder auf falsche Fährten führen; „creature tango“ lädt zum tanzen und spielen ein, wie eine Hand, die einen langsam in etwas hineinzieht, die mit dem Zeigefinger winkt, einen anlockt, um einen nie wieder gehen zu lassen. Und plötzlich taucht aus dem Nichts ein Männerchor auf, der sich aus einem früheren Jahrzehnt, wenn nicht jahrhundert auf diese Platte gerettet hat. Den fabelhaften Opener „sad clown’s breakfast“ sollte man an dieser Stelle auch nicht unerwähnt lassen, der bereits erahnen lässt, warum es diese Band locker mit Genre-Größen wie ISIS aufnehmen könnte. Das gelungene, wie außergewöhnliche Artwork bestätigt den großartigen Gesamteindruck. Mein ganzer Respekt gehört zumindest diesem Monat diesem Album.

/ Spielzeit: 58:48 / Prog-Rock

Sebastian Gloser


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