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Turbostaat

"Durch den Turbostaat-Wolf"

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Es ist Ende September. Im Nürnberger K4 gibt sich die Flensburger Punkband TURBOSTAAT die Ehre. Dass TURBOSTAAT aber nicht irgendeine Punkband sind, wird schnell klar, wenn man ihre Songs hört, die sowohl musikalisch als textlich aus dem gewöhnlichen Punkkontext ausbrechen. Und auch sonst haben TURBOSTAAT weitaus mehr zu bieten, als all die anderen immer gleichen Kollegen. Beheimatet sind die Nordlichter auf dem sympathischen Schiffen-Label, das unter anderem auch Bands wie OMA HANS, ANGESCHISSEN oder DACKELBLUT ein zu Hause bietet.
Ein Jahr ist es jetzt her, dass ihr Zweitwerk „Schwan“ veröffentlicht wurde und seitdem hat sich in Sachen Bekanntheitsgrad einiges getan, eine Skandinavientour wurde absolviert und auch sonst gab es viel Interessantes von den fünf Jungs zu erfahren. Nach dem Konzert zu später Stunde stellten sich noch Peter (Schlagzeug), Tobi (Bass), Marten (Gitarre) und später auch Jan (Gesang) bereitwillig den Fragen. Dazu musste aber zunächst die Sprachbarriere zwischen Süd- und Norddeutschen beseitigt werden...

So ich hoffe, ich verstehe euch jetzt beim Interview; als ihr auf der Bühne untereinander geredet habt, war das schon ganz schön schwer zu verstehen.
Peter: Warum das denn? Wir sprechen doch Hochdeutsch. (mit verstellter Stimme) Wir schnacken doch gar kein breites Hamburgerisch.
Tobi: Nein, das stimmt schon, ich hab das schon öfter gehört. Wir nuscheln glaub ich auch so.

Na das wird schon irgendwie und deshalb gleich los mit der ersten Frage. Seid ihr mit dem Erfolg eures zweiten Albums zufrieden oder habt ihr noch mehr Resonanz erwartet?
Tobi: Ich glaube das ist schwer messbar, weil wir die Musik ja nicht wegen bestimmten, messbaren Erfolg machen, sondern aus anderen Beweggründen. Peter: Es ist auch nicht so, dass unser Label jetzt genau darauf kuckt, ob wir drei-, vier- oder fünftausend Einheiten verkauft haben. Was wir an feedback zurückbekommen haben und dass die Konzerte sehr gut besucht sind, das ist unser Erfolg und der war mit dem Album sehr groß.

Ihr habt als Vorband der BEATSTEAKS gespielt und ich habe gelesen, dass daraufhin Fans auf euch zugekommen sind, die euch deswegen kritisiert haben; nach dem Motto „meine ’kleine’ Band spielt jetzt vor den ’großen’ BEATSTEAKS“, in wie weit kümmert euch solche Kritik?
Peter: Drauf geschissen.
Tobi: Das Ding ist ja das, wir spielen normalerweise wirklich fast überall; in jedem Jugendzentrum, in jedem kleinen Nest, fast auf dem Bauernhof und dann haben uns die BEATSTEAKS eingeladen und gefragt, ob wir spielen möchten und wir haben das besprochen und hatten Bock drauf und dann kommen eben Leute an und finden das doof und das finde ich beschissen. Es ist ja ein Unterschied, ob man nur in großen Hallen spielt und die kleineren Sachen nicht mehr beachtet, aber bei uns ist das ja die Ausnahme, warum soll man das also nicht machen?

Aber es ist ja ein schwieriges Thema, denn es sind ja oft Fans der ersten Stunde und echt treue Unterstützer.
Marten: Da sei dir mal gar nicht so sicher; von den Leuten, die wir jetzt schon richtig lange kennen, war da eigentlich keiner dabei; die wissen genau, was für Typen wir sind, die kennen uns, kennen unsere Ansprüche und Ansichten und da hat keiner was gesagt.
Peter: Das sind oft ganz andere Leute, die dir an den Karren pissen wollen.
Marten: So was kommt ja auch oft in Gästebüchern vor, solche Vorwürfe und da hat halt mal einer einen schlechten Tag gehabt und dann kommt so was dabei raus.
Peter: Und wenn es um das Thema geht, dass dann so ein Konzert mit den BEATSTEAKS in der Columbiahalle zu teuer ist, dann spielen wir dafür nächste Woche um die Ecke wieder in einem kleinen Laden für viel weniger.

Vor wie vielen Leuten habt ihr da gespielt?
Tobi: 3900.

Das war dann sicherlich bis dato das größte Konzert; war das schwer euer normales Ding durch zu ziehen, denn das ist ja einfach ein ganz anderer Rahmen, nicht nur was die Zuschauerzahl betrifft.
Marten: Ja das war absolut das zahlenmäßig größte Publikum und natürlich ist das dann alles etwas anders, als wenn du in einem kleinen Club spielst.
Peter: Du hast auch einen festgesteckten Zeitrahmen und solche Dinge, wir sind aber absolut mit Respekt behandelt worden, also auch backstage und die Resonanz vom Publikum war auch überraschend gut, also nicht so nach dem Motto ’wir warten auf die BEATSTEAKS, was wollt ihr da?’. War auf jeden Fall eine geile Erfahrung.

Bands, die dann so ein großes Publikum nicht gewohnt sind, neigen ja manchmal vor lauter Aufregung dazu irgendwelchen Quatsch auf solchen großen Bühnen zu machen, aber das kam bei euch nicht vor oder?
Peter: Irgendwelche Rockstar-Posen? So von wegen: „Hallo Berlin, wie geht’s euch?“ Nein das kam nicht vor.
Tobi: Letztendlich stehen ja auch einfach wir da oben und wir würden das weder in einem kleineren Club noch auf so einer großen Bühne machen, weil sich da bei uns nichts ändert, auch wenn das dann ein tolles und anderes Gefühl ist. Klar sind die Umstände beeindruckend oder sogar überwältigend, aber das ändert nicht so grundlegend unser Verhalten.

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Unabhängig von den verschiedenen Einflüssen und Stilen, würdet ihr euch grundsätzlich schon als Punkband bezeichnen oder?
Tobi: Ja.

Wie steht ihr zu der sogenannten ’Punkszene’ bzw. zu sogenannten ’Punks’, die man immer wieder auch auf Konzerten trifft, die aber musikalisch völlig intolerant sind und direkt aggressiv werden, wenn nicht ihr 0815-Punkrock gespielt wird? Und ist euch das auch schon mal passiert, dass ihr dafür kritisiert wurdet, weil ihr aus dem üblichen Genre-Muster ausbrecht?
Marten: Nee, eigentlich gar nicht. Die meisten kennen einen ja auch schon von den Bands, in denen man vorher gespielt hat und da hat man ja auch nichts anderes gemacht. Was diese Leute betrifft, hat das dann meiner Meinung nach viel weniger mit Punk zu tun, sondern viel mehr mit Alkohol.

Das stimmt, aber es sind ja dann gerade die Leute, die sich für wahre Punks halten.

Marten: Das mag sein, aber das sind nicht die Leute, die diese Szene ausmachen, dahinter stehen und Konzerte veranstalten oder Fanzines rausbringen, das sind für mich die entscheidenden Leute. Auf Konzerte zu gehen, um sich zu betrinken, das kann der Hausmeister von nebenan auch.
Peter: Also so Leute, die bei Ansagen reinbrüllen: „Halt’s Maul und spiel!“ gibt’s bei uns wirklich selten und dafür haben wir dann trotzdem so Leute im Publikum, die wie typische Punks aussehen und trotzdem ganz normal mitgehen und sich freuen und nicht in Brutal-Pogo verfallen.

Wie steht ihr generell zu Pogo, beim Konzert vorhin hat man gemerkt, dass ihr da schon ein Auge draufhabt, dass es nicht zu wild wird.
Peter: Naja heute war ja alles im Rahmen und ein bisschen darf’s ja auch ruhig abgehen, es soll ja auch eine Kommunikation zwischen uns und dem Publikum da sein, aber wenn es zu viel wird, dann achten wir da schon drauf, dass nichts passiert und dann macht man halt mal eine Ansage, dass alle wieder ein bisschen runterkommen und wenn nach der dritten Ansage nichts passiert, dann würden wir auch einfach abbrechen.
Tobi: In dem Moment sind wir eben die treibende Kraft, die das quasi fördert und dann ist es auch an uns, dass wir das ganze ein wenig kontrollieren, denn das macht dann auch keinen Spaß wenn es im Publikum zu hart hergeht.

Welche Vorstellung findet ihr geiler: Fans, die auf euren Konzerten tanzen, mitsingen und einfach voll dabei sind oder Leute, die vielleicht auch aufgrund eurer Band und eurer Musik selbst eine Band gründen und Musik machen.
Tobi: Beides super.
Peter: Das ist auf jeden Fall immer eine tolle Vorstellung, wie Leute auf unseren Konzerten tanzen. Zweiteres kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, das scheint mir nicht realistisch.
Tobi: Ich glaube auch nicht, dass 2004 noch Leute, die uns sehen ’Hurra’ schreien und daraufhin eine Punkband gründen, die Zeiten sind vorbei.
Marten: So wie man das bei TOCOTRONIC früher oft gesagt hat.
Tobi: Was hat man da gesagt?
Marten: Dass man auf ein Konzert von denen geht und sagt: „ich gründe eine Band, ich kann das auch!“ So Wanderakkorde, das kann man ja mal schnell hinkriegen.

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Ihr habt in Skandinavien gespielt. Erstens wie war das Publikum dort? Zweitens wie ist das vor Leuten zu spielen, die die Texte nicht verstehen?

Tobi: Erstens: nicht. Zweitens: komisch.
Marten: Ach, na komm.
Tobi: Im Sinne von witzig.
Marten: Der eine, der sich als Hitler verkleidet hat, war doch lustig.
Tobi: Ja, HA HA. Zum Publikum kann ich nichts sagen, da war keins.
Marten: Jetzt sag doch nicht so was, kannst du nicht solche Witze reißen, versteht doch dann keiner.
Jan: Meinst du Finnland oder ganz Skandinavien? Weil Schweden, da ging gar nix. Schweden bitte wegbomben!
Marten: Norwegen war ganz ok.
Jan: Das mit Schweden lag wohl einfach auch daran, dass wir an den falschen Orten gespielt haben. Eine Bar gab’s meistens keine, sondern höchstens einen Automaten, der meistens nicht ging, das hat dann auch schon mal zur Gesamtstimmung beigetragen.
Marten: Wir haben zum Beispiel in einem Guttemplerhaus gespielt, wo die jungen Leute halt nüchtern bleiben wollen; da waren dann lauter unter 20jährige, die sich straight edge auf die Hand gemalt hatten und dann hieß es vorher, wenn man eine Alkoholfahne hat, dann gibt’s keine Gage. Es war einfach absurd. Das war teilweise von der Kirche organisiert und es ging in erster Linie darum nicht zu trinken, das war einfach nicht unser Paar Schuhe. Finnland war danach super, was vielleicht auch daran lag, wie es vorher in dem Ödland Schweden war, aber trotzdem das war viel besser. Man nennt ja Schweden auch die Schweiz von Skandinavien.
Tobi: Beim einen Konzert in Schweden, da hat dann vor uns eine Schülerband gespielt, da waren noch ein paar Eltern da, die sind danach gegangen und dann war’s da leer und das ist dann schon ein Punkt, wo man sagt, dass ist nicht das was ich machen will, dafür bin ich nicht da. Der Veranstalter war total nett, kein Thema und hat uns nachts noch was zu essen gemacht, aber der meinte in der Gegend gäbe es auch einfach zu wenig junge Leute, die da hingehen.
Marten: Um das jetzt aber mal gerade zu rücken in Finnland da war’s toll. Da kamen die Leute natürlich auch nicht wegen uns, aber sie kamen halt und haben sich das angeschaut, da gab’s was zu trinken und nette Gespräche.
Jan: Und was die Sprachunterschiede betrifft, wir waren überrascht, dass dort sehr viele Deutsch gesprochen haben. Die kamen nach den Konzerten her und haben mit uns geredet und da waren viele von deutschen Schulen oder die deutsche Eltern hatten, die das wirklich konnten.

Was sind eurer Meinung die wichtigsten Unterschiede oder Fortschritte zwischen euren beiden Platten?
Jan: Ich fand gut, dass wir bei der zweiten Platte mal richtig Zeit im Studio verbracht haben. Und man hat halt auch gemerkt, dass viel Zeit ins Land gegangen ist und wir uns inzwischen auf den ganzen Touren richtig kennen gelernt haben. Außerdem finde ich „Schwan“ vom Sound her und den Liedern einfach viel besser. Die erste Platte war auch noch viel rumprobieren.
Peter: Bei der zweiten Platte hatte man sich dann auch schon viel mehr Gedanken gemacht, auch soundspezifisch.
Jan: Dann gibt’s auch Sachen, wo man weiß, die würde ich so nicht noch mal machen und man daraus lernt.
Peter: Das heißt bei der dritten Platte wird dann wieder was anders sein, weil man auch schon bei der zweiten gemerkt hat, was man wieder anders machen könnte.

Wie entstehen bei euch die Songs? Einfach drauf los im Proberaum oder kommt ihr mit konkreten Ideen zusammen?
Tobi: Also meistens ist es Marten der mit Ideen und Texten dazu in den Proberaum kommt.
Jan: Das sind dann eben Songs, die man dann schon auf der Gitarre spielen könnte und dann werden die eben noch durch den Wolf gedreht.
Peter: Durch den TURBOSTAAT-Wolf.
Jan: Man versucht dann erst mal die einzelnen Parts zu spielen und dann gibt eben jeder noch seinen Senf dazu. Das klingt ja schon ganz anders wenn Peter Schlagzeug dazu spielt und dann noch die anderen einsteigen.

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Woran liegt das eurer Meinung nach, dass man nach und nach “bessere“ Songs schreibt? Arbeitet ihr länger und härter an den Liedern oder schreibt man mit der Zeit automatisch bessere Lieder, weil man mehr das richtige Gespür hat, wie ein Song sein muss?
Tobi: Also ich glaube einer der Hauptgründe ist wirklich, dass wir nach der ersten Platte so viel unterwegs waren und so oft gespielt haben, dass wir irgendwann richtig eingespielt waren untereinander und uns eben auch besser kennen gelernt haben, das macht wirklich viel aus. Und weil wir dadurch wissen, was funktioniert und den anderen gefällt.

Kommen die neuen Songs bei euch einfach mit der Zeit, also auch im Laufe von Touren oder habt ihr einen bestimmten Zeitpunkt nach den Touren zu einer Platte, wo ihr euch dann ganz konkret ums songwriting kümmert?
Marten: Also ich schreibe ja permanent neue Lieder und wenn welche zu TURBOSTAAT passen, dann bringe ich die mit in den Proberaum. Da kann’s aber auch mal passieren, dass ich mit fünf, sechs neuen Songideen komme und die anderen sagen bloß ’ja hau ab’.
Peter: Wenn wir auf Tour sind, dann kommt da zunächst mal nix bei raus und wenn man dann heimkommt, gehen wir auch nicht gleich in den Proberaum, obwohl das einige von uns gern tun würden. Aber man hat dann andere Verpflichtungen und so verschleppt sich das.

Also habt ihr dann schon einen konkreten Punkt an dem ihr dann an einem neuen Album arbeitet?
Peter: Ja, also wenn man an das letzte Album denkt auf jeden Fall. Wir haben viel getourt und hatten dann nur die Hälfte der Songs stehen und dann musste auch was passieren.
Jan: Da besteht dann natürlich auch die Gefahr unter Zeitdruck zu bekommen und damit innere Blockaden aufzubauen.
Peter: Im Nachhinein denkt sich dann auch der ein oder andere, dass mancher Song vielleicht ein bisschen ein Schnellschuss war.
Jan: Wobei ich die letzten drei Songs, die wir geschrieben haben bis heute total geil finde.
Tobi: Ich fand diesen Arbeitsprozess auch super, sich ins Studio zu setzen und wirklich mal stundenlang nur an diesen Liedern zu arbeiten, unabhängig davon, was dabei rauskommt.
Peter: Da kam dann eben auch der Druck durch diesen gebuchten Studiotermin.
Marten: Das war aber auch das Argument, dass wir diesen Termin wahrgenommen haben, weil es sonst nie passiert wäre.

Habt ihr schon neue Songs für ein drittes Album?

(nachdem das allgemeine Lachen verstummt ist)
Jan: Not at all.
Marten: Es wird ein Doppelalbum! (wieder breites Lachen) Wir haben glaub ich einen neuen Song gemacht und den haben wir inzwischen wieder vergessen.

Marten, wenn du auch die Texte schreibst, hast du ja auch schon im Kopf wie das gesungen wird, stört dich das dann manchmal, wenn Jan es letztendlich völlig anders singt, als du dir das gedacht hast?
Marten: Manchmal, aber es passiert ja auch ganz oft, dass er es eben anders singt und es dadurch viel geiler ist und man noch auf andere Ideen stößt.

Vorhin beim Konzert meinte einer, auf der neuen Platte wären nur zwei gute Texte drauf und der eine davon wäre der Coversong. Und er denkt, dass Marten die guten Sachen für sein Nebenprojekt verwendet.
Tobi: Das ist deswegen Quatsch, weil Marten erstens völlig anders singt und zweitens die meisten seiner Texte für LATTEKOHLERTOR bei TURBOSTAAT überhaupt nicht passen würden, insofern kann das eben auch nicht passieren.
Marten: Ich probiere bei LATTEKOHLERTOR auch einfach viel aus und mache teilweise auch so ironischen Quatsch, der bei TURBOSTAAT nie passen würde, das ist alles in einem bestimmten Rahmen. Und ich finde auf „Flamingo“ sind einige Texte drauf, die ich jetzt nicht mehr so gut finde, bei den neuen sind echt ein paar dabei, wo ich sehr zufrieden bin.

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Ich habe jetzt schon von vielen Leuten, die eure Platten auch gut kennen, gehört, dass sie die Texte nicht verstehen, sehr kryptisch finden zum Teil und nach oftmaligem Hören einfach nicht richtig verstehen, um was es geht, während sich Texte von anderen Bands irgendwann “öffnen“.

Tobi: Also ich kann das verstehen, dass manche nicht immer kapieren, um was es genau geht, aber es ist ja auch Platz zur Interpretation da.
Marten: Als wir bei der ersten Platte über die Texte geredet haben, hat eben zum Beispiel Peter gesagt, wie er das und das Lied versteht und dann hat Jan gesagt, wie er die Geschichte verstanden hat und da kamen zwei völlig verschiedene Sachen raus, der Kern war aber der selbe und das denke ich eben auch, dass da eine Kernaussage drin ist, die eigentlich jeder verstehen müsste, was außen herum ist, kann dann sehr frei sein.

Um ein Album rund zu machen braucht es ein Cover und ein zumindest teilweise durchdachtes Artwork. Zu diesem Thema hat man bei den Wahl-Flensburgern auch schon einiges lesen können. Bekanntlich stammt der Flamingo, der das gleichnamige Album ziert, von einem Bild aus der Wohnung von Gitarrist Roli. Und auch der Schwan - Namensgeber für Album Nummer zwei - wurde im Alltagsleben aufgegabelt. Letztendlich konnte er sich aber nicht durchsetzen und so ziert das Cover von „Schwan“ eine cremefarbene Rose, die sich optimal in das bewusst kitschig-hässliche Artwork integriert. Die Geschichten der Vögel sind also bekannt, Fragen sind trotzdem noch offen.
Sind die beiden Cover so gewählt, weil sie eben da waren oder steckt noch viel mehr dahinter, haben der Flamingo und der Schwan bzw. stellvertretend die Rose eine konkrete Bedeutung?
Tobi: Also es gibt ja eine bestimmte „Punk-Ästhetik“ und ich fühle mich zu Hause in dieser Szene, wenn man das so nennen will, aber ich will auch Kritik üben oder zumindest eine Aussage machen und unser Artwork und unsere Cover sehen eben nicht aus, wie die ganzen anderen Punkplatten, sondern da ist dann eben zum Beispiel diese schmierige Rose drauf.
Peter: Und das hat ja auch mit dem Thema, das wir vorhin hatten zu tun, dass eben nicht immer alles gleich sein muss in dieser Szene. Man könnte natürlich meinen, aha TURBOSTAAT, Deutschpunk und ein klischeemäßiges schwarz-weiß Cover erwarten und einen Typ, der einen Molli schmeißt. So sind wir aber nicht und damit führen wir das ganze dann ad absurdum und haben so was „schönes“ wie einen Flamingo oder eine Rose drauf.
Tobi: Und genauso auch mit den Tshirts, ich finde diese Vorstellung total geil, wenn so ein „Vollpunk“ das Konzert gut fand und sich halt ein ein shirt kaufen will und er dann in dem Moment auch gar nicht so drauf kuckt, was da genau drauf ist und dann läuft er mit einem shirt rum, wo zwei Schwäne knutschen und nicht mit irgendwelchen Flammen und Herzen und was weiß ich.

Ok das war’s. Ich bedanke mich für eure Geduld und entlasse euch hiermit ins Nachtleben.
Alle: Nee, ins Bett!

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Was zunächst so gar nicht nach Punkrock klingt, ist in Anbetracht der Uhrzeit und den anstehenden Tourdaten nur völlig logisch und nachvollziehbar. Die letzten Biervorräte des Backstageraums werden geplündert und man macht sich gerade bereit für den Abflug, als noch etwas passiert, wovon man bei einem Interview eigentlich nur träumen kann und besser ist als jedes Schlusswort. Jan, der mit einer Handkamera ein bisschen durch den Raum filmt, fängt plötzlich das Grinsen an und zeigt dann den anderen seine Entdeckung. Wie es scheint bietet der Backstageraum des Nürnberger K4 Albumtitel Nummer drei. Wir dürfen herzlich vorstellen: „Fischreiher“. Was vorher noch keiner bemerkt hatte: In der Ecke steht ein alter Wandschrank, auf dessen Flügeltür ein blauer Fischreiher abgebildet ist. Wenn das mal nicht großartig ist!? Mal sehen, wie viele Schäußlichkeiten den Jungs von TURBOSTAAT bis zum nächsten Album noch begegnen, aber der Fischreiher sollte doch als Namensgeber schon mal ganz vorne mit dabei sein. Danke für einen wunderbaren Abend und spätestens wenn „Fischreiher“ veröffentlicht wird, müsst ihr wieder kommen!

Interview + Text: Sebastian Gloser

Fotos: mit freundlicher Genehmigung von
Henner Flohr aus Münster (http://www.hennair.de)
Frank D. aus Esch/ Luxemburg


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