Wegweiser durch sellfish.de

independent online music  |  info@sellfish.de

Jahresrückblick 2007, Teil IV:

Bauanleitung: emotionaler Punkrocksong

 

Ihr habt euch die Haare schwarz gefärbt, spielt eher so Rockmusik, aber fehlt einfach das passende Rezept für einen überzeugenden Song? Captain Planet erklären euch, wie's geht.

captainplanet_0.jpg


>>Gehen wir mal davon aus, dass die durchschnittliche Punkband keine 136 Songs als Vorproduktion im Gepäck hat, bevor sie ins Studio geht. Nicht etwa wie eine durchschnittliche Metalband, die neben Live-Rollenspiel und Informatikstudium im Proberaum lebt. Solch eine durchschnittliche Punkband sind auch wir. Unserem Labelnamen zufolge eher noch darunter. Für die Langspielplatte „Wasser kommt Wasser geht“ hat sich daher folgendes Rezept bewährt. Für alle die das auch so machen wollen (und wie wir unermesslichen Reichtum erlangen wollen), bitteschön: Hier die Variante “So much water, so close to home”:

Man nehme sechs Akkorde (ja, dies ist Post-Punk!) und füge sie im 4/4-Takt in nachstehender überwiegend molliger Weise zusammen. Bitte stets strikten Ablaufplan einhalten: Strophe, Refrain, Strophe, Refrain, Zwischenteil, Ende.

Strophe: a..f....a..f....a..f....c..h....

Strophen sind in erster Linie dafür da, leiser als der Refrain zu sein. Temperatur also senken. Mit ein, zwei kleinen Sprechgesanganleihen verfeinern, keine Faxen, fertig.

Refrain: f.......a.......c.......a..hc..g

Fachwort lernen: Catchy. Ein Refrain hat catchy zu sein. Heißt soviel wie, äääh, muss ins Ohr gehen und dort bleiben und sich an vorhandene Muster der jeweiligen Musikrichtung anknüpfen (wiederum keine Faxen!). Ob der Refrain gelungen ist, ist sehr leicht an der Stärke des Verlangens nach Erheben des Zeigefingers am in Richtung Sonne ausgestreckten Arm zu erkennen. Wichtigste Raffinesse des Refrains ist der zweistimmige Gesang. Keine Angst, Hintergrundstimme kann jede noch so amusikalische Sau lernen (siehe Captain Planet), notfalls auf das Studiogerät Autotune zurückgreifen. Möglicherweise gleich zweimal hintereinander spielen um den Wiedererkennungswert zu steigern und jedem klarzumachen, dass dies auch wirklich der Refrain ist.

Zwischenteil: ff..ff..ff.ff..ff..ff.a...............

Landläufig gerne auch Mosh-Teil genannt. Spätestens jetzt wird die Zeit knapp, heißt also reinhauen. Bitte dick auftragen, dafür aber nur kurz auf heißer Flamme zündeln lassen. Gut geeignet für Bewegungen auf der Bühne, die zwar durch Eleganz bestechen, jedoch ihrem Alter und/oder ihrer körperlichen Verfassung völlig unangemessen sind.

Ende: f..a....c...e...


Beim Ende darauf achten, dass das klassische autonome Jugendkulturzentrumspublikum gerne nach Konsum der in den Konzertraum geschmuggelten Biere mitsingen will. Will sagen: Sing-Along-Charakter. Gleiche Textzeile mehrmals wiederholen!

So, das Gröbste ist geschafft. Nach zwei Minuten mal nachschauen, spätestens nach 2 Minuten 43 Sekunden raus damit. Songtitel notfalls von Kurzgeschichten von Raymond Carver ausborgen. Mit Herz und Verstand würzen. Genauso heiß Essen, wie es gekocht wurde. Fertig! Gelingt nahezu immer. Bei Schwierigkeiten vergleiche Jesus und das Brot: Aus Wenig Viel machen und dann durch allgemein dickes Auftragen, häufige Friseurtermine und viele Myspace-Freunde geschickt darüber hinwegtäuschen, dass eine trockene Stulle kein Grünkernburger ist. Im Notfall schnell Papa rufen und Armageddon einleiten.

Viel Spaß beim Ausprobieren,
die Kapitäne<<

direkt anhören?


ERROR!