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Psyopus

Our Puzzling Encounter Considered

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Ich kann mich einfach nicht entscheiden, ob ich nun der Außenwelt den Rat geben soll ihre Kinder vor Psyopus zu verstecken, weil sie ihre Songs mit „Scissor fuck paper doll“ betiteln, allerlei Seelenfolterndes wie Babygeschrei und Schweinegegrunze in ihre Musik integrieren und einen Sound auffahren, der auf eine furchtbar gepeinigte Psyche schließen lässt.
Oder sollten die lieben Kleinen nicht doch eher angespornt werden, indem man ihnen „Our Puzzling Encounter Considered“ vorsetzt und sagt: „Hier, hört her und staunt, welch wundersame Klänge sich in welch wundersamer Geschwindigkeit aus Instrumenten herausholen lassen.“Man stelle sich vor die Blood Brothers, Slayer und Donald Duck hätten den Entschluss gefasst, gemeinsame Sache zu machen, und kommt doch nur ansatzweise in die Nähe eines Eindruckes für diese Musik. Alles steht und (vor allem) fällt hier mit der unfassbaren Gitarrenarbeit von Christopher Arp, der einst beinahe bei Limp Bizkit gelandet wäre (was vermutlich schon damals deren kommerziellen Tod bedeutet hätte) und mittlerweile schon mit eigenen Kolumnen in Gitarrenmagazinen aufwartet. Der Sound klingt in etwa so, als hätte Arp statt Gitarrensaiten Gummitwist-Seile oder meinetwegen heliumabhängige Eichhörnchen auf den Korpus gespannt. Von Beginn gibt es kein Halten, in „2“ eiert das Instrument wie ein angeschossenes Tier ins Ziel, bevor es dann mit maximaler Brachialität weiter rennt. Jeder Song versucht den Geschwindigkeitsrekord des Vorgängers zu brechen, was schließlich im furiosen Anspieltipp „Insects“ gipfelt, bei dem sämtliche Stärken der Band gebündelt werden: Arp nudelt wie ein Derwisch die Tonleitern rauf und runter, Shouter Adam Frappolli brüllt und keift als hätte er keine Seele, und Drummer Jon Cole prügelt wie ein Wahnsinniger auf sein bemitleidenswertes Schlagzeug ein. Ich möchte nicht wissen in welchen Verhältnissen diese Jungs ihre Kindheit verbracht haben, aber ein Stück wie „Imogens Puzzle pt. 2“ legt die Vermutung nahe, sie seien unter der Obhut Satans aufgewachsen: untermalt von markerschütterndem Geschrei und Folteratmosphäre wird die Paranoia mittels einer aberwitzigen Surf-Gitarre auf die Spitze getrieben. Psyopus präsentieren sich sehr originell und besitzen ein scheinbar riesiges Gedächtnis, aber so beeindruckend es auch ist, Tausende von Breaks und Tempi-Wechsel in wenige Sekunden zu integrieren, so anstrengend gestaltet sich das auf Albumlänge. Immer wieder bewegt sich die Band an der Grenze zum Muckertum, und wird sie dann überschritten, wähnt man sich bei Totalausfällen wie „Siobhanis Song“ inmitten fremdartiger Zockerländer, in denen Gnidel-Könige wie Steve Vai das Zepter schwingen. Besonders gut ist die Band stets dann, wenn sie ihren Aggressionen freien Lauf lässt, wie im buchstäblich knüppelharten „Play some Skynyrd“ oder dem Titelsong. Es schadet also nicht, wenn sie mehr von ihrer Wut statt der zweifelsfrei vorhandenen technischen Fertigkeiten hervorheben würden. Allerdings würde ich dann die Empfehlung ausgeben, sämtliche Kinder zu ihrem eigenen Schutz einzusperren.

Bewertung: 6 von 10 Sternen / Spielzeit: 38:03 / Chaos-Core

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