Wegweiser durch sellfish.de

independent online music  |  info@sellfish.de

Cloroform

Cracked Wide Open

cloroform.jpg

Cloroform sind so etwas wie eine norwegische All-Star-Band. Øyvind Storesund dürfte der Menschheit bereits am Kontrabaß vom "Kaizers Orchestra" aufgefallen sein. Oder eben bei "Wunderkammer", deren Bestandteil auch Drummer Bjørge Fjordheim ist. John Erik Kaada, Sänger und Tastenmann hat schon allerlei Filmsoundtracks geschrieben, Soloalben aufgenommen und zuletzt eine Kollaboration mit niemand geringerem als Mike Patton ("Kaada/Patton - Romances") veröffentlicht. Und so in etwa klingt dann auch Chloroform. "Public Pervert" rumpelt gleich zu Beginn in bester Mclusky-Manier los. Irren-Gebrumme wechselt mit Chorgesang und comicartiger Stimme, man ist bereits mittendrin im Wahnsinn. "Soupgirl" sorgt für eine gefüllte Tanzfläche, "Imaginary Girlfriend" säuselt danach wieder ein Organ, das klingt als wäre ihr Besitzer frisch aus dem Grab gekrochen. Eine fröhliche Keyboardmelodie und der auf Kettensäge gestimmte Bass tragen die Micky Mouse-Stimme in "Crush". Das Lied sorgt nur vornehmlich für Entspannung und soll exemplarisch als Anspieltipp stehen. Anschließend sofort wieder die Wende: "Lifelong Tragedy" ist Tobsuchtsanfall und Aggression, befindet sich stets kurz vor dem Gewaltausbruch. "Come on with me" hingegen würde auf jeder Pulp Fiction-Party eine gute Figur machen. Chloroform hören sich an, als hätten die Bee Gees einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Ein wenig subtilen Glöckchenhorror, überdrehten Free-Jazz, Noise-Gitarren und poppige Melodien in einem Topf werfen, kräftig umrühren, und das Ergebnis ist diese vertonte Tollwut. "Cracked wide open" ist bereits das sechste Album der Band und bis dato auch das ausgereifteste. In Skandinavien haben sich die Jungs bereits über ihren Heimatort Stavanger hinaus einen großen Bekanntheitsgrad erspielt. Vor kurzem spielte man auf dem altehrwürdigen Roskilde-Festival vor 7000 Zuschauern. Die Zeichen stehen nicht schlecht um sich auch auf dem Kontinent einen Namen zu machen. Trotz all der Durchgeknalltheit hat die Band nämlich durchaus ein Gespür für eingängige Melodien, die bei Live-Auftritten für offene Münder sorgen könnten.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 47:23 / Disco-Noise

Dominik Waßerloos


ERROR!