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Copenhagen

Sweet Dreams...

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Sweet Dreams...? Bitter Sweet Symphonies trifft es wohl besser. Copenhagen kommen, nein, nicht aus Dänemark, sondern aus dem verregnet-tristem London. Und das soll man anscheinend auch hören. Dennoch gibt es einige Referenzen nach Skandinavien: London diente Copenhagen anfangs nämlich nur als Außenstelle ihres damaligen dänischen Labels Cloudland. Dazu ist Kopenhagen die Heimatstadt von Kirsa Wilkenschildt, der wiederum mit Neil G. Henderson die Masterminds dieser Combo darstellen. Und dem nicht genug: Als Tribut zu Michael Fray´s gleichnamigen Theaterstück „Copenhagen“, das zur Bandgründung in London gerade Premiere hatte, benannte man sich einfach danach. Soweit alles klar. Nach nur einer Woche Aufnahme veröffentlichte man im Jahr 2001 das Debüt „Tales From the Forest“, das in der einschlägigen Szene zugleich auf treue Sympathisanten stieß. Eine Komplettrotation in der Besetzung, bei der nur die beiden Köpfe Henderson/Wilkenschildt blieben, und ein paar Jahre später, setzte man sich an das neue Werk - diesmal mit mehr Zeit und noch mehr Muse. Und so startet „Sweet Dreams...“ unglaublich schwermütig auf eine tragisch anmutende Reise durch das Tal der Tränen und Einsamkeit. Während der Opener in den ersten Takten mit klaren Harfenklängen noch Heimlichkeit und Wärme heuchelt, wird dem gebannten Hörer eines ziemlich schnell klar: Aufbauendes ist von Copenhagen auf ihrem zweiten Album nur bedingt zu erwarten. Die elf Tracks suhlen sich allesamt in der leidenschaffenden bis erlösenden Leidenschaft aus Trauer und Melancholie: Violine, Bass-Klarinette, Cello - hier gehört das Moll zum guten Ton. Man fühlt sich an die Tindersticks erinnert, an Nick Cave, an die „Murder Ballads“ - und das trifft es wohl am besten. Die schwermütige Stimme von Neil Henderson in einem Bett aus tragischer Instrumentierung schafft diese theatralische Stimmung, in der man beispielsweise mit „Eleanor“ bangt und um „Justine“ trauert. Copenhagen, eine skandinavische Drama Queen in britischer Understatement-Tarnung? Nicht ganz. Denn „Sweet Dreams...“ verspricht gefühlsechte Momente ohne effekthaschender Überstrapazierung ihrer selbst: Mal ein wenig nach Damien Rice, fast schon Chanson-artig um dann auf dem Absatz kehrt zu machen zur alkohol- und nikotin-schweren Zerstörtheit von Lampchop. Die Stimme wirkt in ihrem Erzähltenor ebenso lyrisch - und manchmal fast schon tröstend. Zum Ende hin gesellen sich in „We want you here...“ endlich versöhnliche Backvocals (Pauline Cuff) und dazu fast schon aufbauende Trompetenklänge. Der Schlussakkord einer großen Platte. Vielleicht ohne direkte Höhepunkte, dafür aber als fragiler Trip auf höchstem Niveau mit dem Anspruch der ehrlichen und befreienden Trauerarbeit. Sweet (Bitter) Dreams, da draußen...

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 48:24 / Rock

Autor:


Eine unglaubliche Platte: Muss ich unbedingt haben!


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