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Laura Veirs

Saltbreakers

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Laura Veirs hätte man eigentlich auf der Rechnung haben können. Schließlich hat sich die Amerikanerin mit den letzten beiden Alben durchaus in die erste Garde der Songwriterinnen gespielt. Aber es braucht manchmal eben doch noch einen Katalysator.
Der Katalysator in diesem Fall heisst: Beziehungsende. Da geht etwas, von dem man dachte, es würde ewig halten. Und dann ist es einfach weg. Weg weg weg. Die Rede ist hier von Laura Veirs, deren Leben eine abrupte Wendung genommen hat. Wendungen, wie sie im Leben ständig passieren. Verarbeitet hat die Songwriterin das ganze auf "Saltbreakers". So heisst jetzt nicht nur ihre Backing Band (ehemals "The Tortured Souls"). Saltbreakers durchzieht von vorn bis hinten auch ihr großes, textlich aufgeladenes, mystisches, bestes Album. Salz, mal Geschmacksverstärker, mal unangenehmer Zaungast bei Heulattacken. Salz als Lebenselexier. Saltbreakers ist durchzogen von mystischer Naturverklärung. Da werden Ozeane zu Hoffnungsträgern und Wälder zur Zufluchtstätte. Der Mensch als untergeordnetes Wesen, das in den Wogen der Natur wie ein Spielball hin und hergetrieben wird. Über diesem schaurig-schönen Gemälde tront Veirs Stimme und veredelt das Szenario. Nebenbei spielt sich die Band mit leisen Folkballaden ("Nightingale", "Drink Deep") oder wüsten Sonic Youth Attacken ("Phantom Mountain") um den Verstand. Veirs hat gut daran getan, in Tucker Martine (The Decemberists, The Long Winters) sowohl Mentor als auch Freund zu finden. Der Produzent und Drummer ihrer Saltbreakers ist die künstlerische, eigentlich technische Stütze. Er hat das Album unweigerlich mitgeformt. Deswegen müsste es richtigerweise heissen: "Laura Veirs and the Saltbreakers". Man höre nur mal das große, leichte Folk-Pop-Stück "Saltbreakers", in dem die drei Kollegen so schmeichelhaft aus dem Off brüllen. Ein ganz großes, luftiges Folk-Album ist das geworden, das Veirs auf den Thron hieft, auf den sie gehört.

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 42:51 / Singer/Songwriter

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Die erste Auffälligkeit am neuen Album: Deine Band hat einen neuen Namen! War das deine Idee?

Wir wollten alle den Bandnamen ändern. Und als ich schließlich soweit war, dass ich das Album ganz einfach "Saltbreakers" nannte, folgte die Band auf dem Fuße. Den Namen "The Tortured Souls" waren wir leid und Saltbreakers drückte Veränderung aus. Das war uns wichtig.

Saltbreakers - das Wort gibt es eigentlich gar nicht im Englischen, oder?
Oh, das Wort gibt es schon, aber es wird kaum gebraucht. Es ist ein Wort für Ozeanwellen.

Du benutzt sehr gerne Worte wie "Dreamdust". Sind das Phrasen oder benutzt du die bewusst?
Ja, meistens sind das schon Phrasen, allerdings nicht im negativen Sinne. Sie kommen mir einfach in den Sinn. Zumeist sind das eher selten benutze Wörter im Englischen, wie eben auch Saltbreaker. Ich sitze aber keinesfalls mit einem Dictionary da und blättere in den Seiten, bis mir ein Wort gefällt und ich es benutzen kann. Ich will Wörter benutzen, die mir etwas bedeuten, aber keine Klischees sind. Ich bin eine leidenschaftliche Leserin. Oft stolpere ich über Wörter und Zusammenhänge, die ich später auch als Songtext benutzen will.

Auffällig ist an deinem neuen Album auch der Bezug zur Natur. Erlebst du Natur bewusster?
Ich glaube nicht, dass ich einen größeren Bezug zur Natur habe als die meisten anderen Menschen. Ich liebe die Natur, klar, aber ich benutze sie eher als Vorlage für Metaphern und Poesie.

Du hast Geologie studiert. Mit Musik hast du dir da aber einen eher sinnlicheren Zugang zur Welt ausgesucht. Im Grunde das genaue Gegenteil!
Das ist eher ein Klischee, dass Wissenschaftler analytisch und unromantisch sind. Wenn man sich ausgiebig mit einem Themengebiet beschäftigt, kann man da einen ebenfalls sehr sinnlichen und umfassenden Zugang finden. Wissenschaftler können und müssen oft sehr kreativ sein, da kommen sie dem, was wir landläufig unter Kunst verstehen, sehr nahe.

Du hast Jose Saramago um Erlaubnis für den Song "Don't lose yourself" gefragt. Eine sehr ungewöhnliche Herangehensweise...
Ich wollte seine Erlaubnis aus moralischen, nicht aus rechtlichen Gründen. Wir mussten zwar ein paar Tantiemen für den Song abtreten, weil ich sehr viele Textzeile von ihm verwendet habe, aber das war okay.

Wie hast du denn mit ihm kommuniziert?
Über seinen Agenten. Es war unheimlich schwierig, ihn überhaupt zu finden. Er lebt sehr zurückgezogen. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, ob er sich den Song jemals angehört hat. Ich hoffe es natürlich.

Du hast in einem Interview gesagt, dass du mit deiner Musik hinter das alltägliche Chaos schauen möchtest. Das stelle ich mir zumindest auf Tour ziemlich schwierig vor...
Da sieht man mal wieder, wie einem Journalisten das Wort im Mund herumdrehen. Ich meinte nicht das Chaos, sondern den Alltag an sich. Den mitunter sehr langweiligen Alltag der Menschen. Und was die Tour angeht, muss ich dir Recht geben, da hält mich das Chaos im Griff. Ich könnte nie auf Tour schreiben.

Interview + Text:





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