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Dizzee Rascal

Maths + English

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Letztens im Formatmusikfernsehen. Ein Rapper rennt durch dunkle Gassen, verfolgt von Hunden und der berittenen Ordnungsmacht. Während der Flüchtige den gewohnten Hip Hop-Style am Körper trägt, tragen die Reiter Klamotten aus dem letzten oder vorletzten Jahrhundert. Eine einfache Story, inszeniert als modernes Clockwork Orange. Dazu fiese Sirenen, derbe Beats, ein Battletext und messerscharfe Gitarrenriffs.
Irgendwas ist anders, „Sirens“ klingt nicht wie der gewohnte Mainstream Hip Hop Scheiß. Warum das ganze so außergewöhnlich klingt, klärt sich schnell auf. Der Song ist von Dizzee Rascal. Und der ist einer der Hauptverantwortlichen, warum Hip Hop anno 2002 noch einmal neu oder vielmehr anders entdeckt wurde. Frische Künstler wie Wiley, M.I.A. oder eben Rascal sorgten mit ein paar Ideen für eine kleine Rundumerneuerung. Blutdoping sozusagen. Grime nennt man seitdem die Gangart bei der old school Hip Hop mit Drum’n Bass vermischt wird. The Streets kann man da auch dazupacken, wenn man will. Aber Mike Skinner soll ausnahmsweise mal nicht das zeilenfüllende Thema sein, dafür steht Dizzee Rascal zu sehr für sich selbst. Und gerade diese erste Single „Sirens“ von Dizzees drittem Album beweist wie eigenständig und kreativ Hip Hop immer noch sein kann. „Maths + English” kann aber noch vielmehr. Das beginnt mit dem sphärischen „World Outside“, einem fast klassischen Album-Intro, wobei man bereits hier der Musik und dem Text anhört, dass es in den nächsten 45 Minuten nicht ausschließlich um Autos und Frauen gehen wird. Klar die ein oder andere kleine ordinäre Floskel kann sich auch Dizzee Rascal nicht verkneifen, aber das steht in keinem Verhältnis zu den ganzen Wannabe-Gangstern dieser Tage, egal ob die nun aus Los Angeles, New York oder Berlin kommen. „Pussyole (Old Skool)“ ist ein derber Battletrack für die Tanzfläche, den kleinen Club und die große Festivalbühne. An Ideen mangelt es Rascal offensichtlich nicht und vielseitig sind sie ebenfalls, da kann man auch über den kleinen Durchhänger im Mittelteil hinweg sehen. Zum Ende hin wird’s nämlich wieder spannender. Mit „Excuse Me Please“ beweist der gerade mal 22 Jahre alte Londoner, dass er sich auch vor politischen Themen nicht scheut. Bei „Temptation“ wurde Arctic Monkeys-Frontmann Alex Turner ins Studio geholt, was sicher nicht der dümmste Schachzug ist, wenn man genreübergreifend agieren will. Wenn man genau hinhört, könnte man meinen der ganze Song wäre eine zerschossene B-Seite der Affen, ohne dass Rascal dabei seine Linie verliert. Auch Lily Allen, die den Refrain von „Wanna Be“ beisteuert ist alles andere als eine Unbekannte auf der Insel. Clever ist Rascal also auch und dass er verdammt gute Songs zusammenbasteln kann, hat er mit „Maths + English“ ein weiteres Mal eindrucksvoll bewiesen.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 48:52 / Grime

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