Wegweiser durch sellfish.de

independent online music  |  info@sellfish.de

1990s

Cookies

1990s.jpg

Es gibt Bands, deren Geschichte ist manchmal interessanter als die Musik. Im Fall der 1990s ist es die Geschichte des Sängers Jackie McKeown.
Am besten fängt man da bei seinem Ausstieg aus Yummy Fur an. Die Asche dieser Band kann man heute im Musiklexikon unter dem Stichwort Prä-Franz Ferdinand Phase nachschlagen. Alex Kapranos und Paul Thompson haben mit Jackie Yummy Fur unterhalten. Als es Jackie zu bunt wurde, verließ er kurzerhand das Häufchen Chaos und verzog sich ins Glasgower Nirgendwo. Der einsetzende Erfolg von Franz Ferdinand kratzt ihn da schon gar nicht mehr. Stattdessen hängt er mit Homie Michael McGaughrin auf Bäumen ab (!), nimmt an Drogen so ziemlich alles mit, was irgendwie chemisch hergestellt werden kann und landet schließlich in der Backing Band von CANs Damo Suzuki. Die 1990s existieren nur als Scherz zwischen Jackie und Michael, ein paar spaßige Demos nimmt man auf, mehr nicht. Um Gottes Willen bloß keine richtige Band mehr, denkt sich Jackie. Ausgerechnet bei einer Franz Ferdinand Aftershow-Party werden die beiden von Rough Trade Cheffe Geoff Travis angesprochen und kurzerhand gesigned. So unvermittel klingt dann auch "Cookies". Texte über Parties, Rock'n'Roll für Endzwanziger - fertig ist eine Band, die vornehmlich auf Geburtstagspartys von Pete Doherty spielt (!!). Weil alles als Scherz begann, kann sich auf Albumlänge selbstverständlich auch nicht mehr viel entwickeln. Es ist der Spaß, und nur der Spaß, der Cookies regiert. Das funktioniert super bei "You made me like it", "Your supposed to be my friend" und "See you at the lights". Und eigentlich bei allen anderen Songs auch, bloß: irgendwann nutzen sich Glam-Pop und Gossen-Party-Rock ein wenig ab. Da kann auch Bernard Butler (Ex-Suede) auf dem Produzentenstuhl nicht allzu viel richten. Allein: Der Spaßfaktor bleibt und regiert. Das ist doch immerhin schon eine Menge in Anbetracht der Tatsache, dass Jackie McKeown nie wieder in einer Band spielen wollte...

Bewertung: 6 von 10 Sternen / Spielzeit: 42:51 / Rock'n'Roll


1990s1.jpg

Die Frage muss erlaubt sein: Warum nennt ihr euch ausgerechnet 1990s? Das legt ja ein paar gruselige Assoziationen nahe!
Es ist einfach bloß ein Bandname. Außerdem gibt es einem ja überhaupt keinen Anhaltspunkt, welche Musik die Band überhaupt spielt. Wenn man den Bandnamen das erste mal hört, könnte man glatt an eine 90er Jahre Dance-Music Freak-Show denken. Und wenn man dann plötzlich die Musik hört, denkt man: warum zur Hölle haben die sich denn 1990s genannt? (lacht) Heute sehe ich die 90er vor allem als Jahrzehnt, in denen ich in ein paar Bands gespielt und verdammt viele Partys besucht habe. Kulturell gesehen waren die 90er ein verlorenes, inhaltsloses Jahrzehnt. Da gab es verdammt wenig inspirierende Musik. Obwohl, Pulp gab es. Die habe ich immer gemocht. Oasis habe ich hingegen immer gehasst.

Sozio-politisch reflektierende Rockmusik liegt euch fern. Bei 1990s geht es vor allem um den Spaß...
Es stört mich, dass sich viele Rock'n'Roll Bands über politische und gesellschaftliche Zustände aufregen und darüber klagen. Das hat im Rock'n'Roll nichts zu suchen. Wenn wir als Band im Proberaum Songs schreiben, dann haben wir dabei Spaß. Wenn wir auf der Bühne stehen, haben wir Spaß. Das soll sich in unseren Song niederschlagen. Welchen Sinn würde es machen, betrunken auf der Bühne zu stehen und ausgelassene, fröhliche Melodien zu singen, wenn der Text gleichzeitig düster und traurig ist?

Haben Yummy Fur und 1990s eigentlich irgendwelche Gemeinsamkeiten?
Yummy Fur und 1990s haben nichts mit einander zu tun. Da lagen fünf Jahre dazwischen. Das einzige, das beide Bands verbindet, ist meine Person. Am Ende von Yummy Fur haben wir ja furchtbare Semi-elektronische Musik gemacht. Irgendwann konnte ich keinen einzigen Synthesizer mehr hören, das ging mir unheimlich auf die Nerven. Irgendwann war ich sogar unfähig, irgendwelche Ideen auf der Gitarre zu artikulieren. Ich war ausgebrannt und wollte mit Bands erstmal nix mehr zu tun haben.

Wie hast du deinen Mitstreiter, Michael McGaughrin eigentlich kennengelernt?
Ich ging durch einen Park mitten in Glasgow und war völlig im Eimer. Die Party der Nacht zuvor hatte mich völlig mitgenommen. Ich ging an einem Baum vorbei, an dem blaue Stofffetzen hingen. Ich bin Celtics Fan, die haben die Farbe Grün, Rangers Fans hingegen die Farbe Blau. Deshalb musste ich diese blauen Fetzen ungedingt runterkriegen. Michael stand da auch rum und hatte den selben Gedanken. Also sind wir auf diesen Baum geklettert, saßen dann da für den Rest des Tages und haben uns köstlich amüsiert und festgestellt, dass wir uns ziemlich ähnlich sind. Inklusive musikalischer Ideen. So sind dann schließlich die 1990s entstanden...

Autor:





ERROR!