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Kelly Willis
Translated From Love

Das sich ins unendliche ausdehnende Genre Country, mit all seinen Sub-Genres, ist einfach
nicht tot zu bekommen. Alternative-Country-Epigonen wie Kelly Willis arbeiten seit Jahren
beständig am Mausoleum.
Kelly Willis ist eine Koryphäe, in jeder Hinsicht. Nicht nur, weil sie seit Jahrzehnten
erfolgreich an der Spitze des Alternative-Country steht, sondern auch, weil sie es
versteht, sich zu inszenieren: als Hausfrau, als biederer Vamp, als Workaholic-Heimchen
und Expertin für neuere Popkultur. Zumindest letzteres verwundert dann doch ein wenig.
Aber es ist so: Die Hälfte des Albums besteht nicht aus Eigenkompositionen, sondern aus
Coverversionen. Da wird der Universal-Punk Iggy Pop verwurstet, Stardust-Bowie darf auch
mal ran, Lo-Fi-Sinatra Adam Green verwunderlicherweise auch - und man wird das Gefühl
nicht los, Willis Produzent und Gitarrist Chuck Prophet habe für die Country-Bardin alles
fein säuberlich zusammengestellt, arrangiert und durchgeplant. Dafür spricht auch die
Aussage Willis', nach der Geburt von vier Kindern innerhalb der letzten sechs Jahre sei sie
erst einmal vollkommen ausgelaugt. Sie sei ausgebrannt gewesen und habe vor lauter Kochen und Windeln wechseln keine große Lust aufs Musikmachen verspürt. Trotzdem: husch husch ins Studio, klar akzentuiert ins Mikro hauchen, ein paar eigene Songs übers Kinderkriegen und
-aufziehen ("Sweet Little Ones") - fertig ist das Country-Album. Keine große Kunst, alles
klingt verzaubernd ruhig, einfach, einlullend, irgendwie unwichtig. Da stellt sich schon
die Frage, warum ausgerechnet der Rolling Stone einen Herzkasper bekommt bei so viel
Unaufgeregtheit. Ein laues Song-Lüftchen zum Pferde striegeln - mehr aber leider nicht!
/ Spielzeit: 35:34 / Alternative-Country