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Jeffrey Lewis

12 Crass Songs

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Ein Album bei dem man sich auf die Schenkel schlägt und lauthals jubiliert: „Warum gibt es so was nicht öfter?“ Jeffrey Lewis, Protagonist der New Yorker Anti-Folk-Szene hat zwölf Songs der Punkband Crass gecovert, einen Comic dazu gezeichnet und all das in einem schwer ansprechenden Artwork verpackt.
Wird auch langsam Zeit, dass sich in Europa die verschiedenen Gesichter der amerikanischen Anti-Folk-Szene etablieren. Kannte man bis vor Kurzem nur das popgewordene Aushängeschild Adam Green und vielleicht noch seine zeitweilige Mitstreiterin Kimya Dawson, die zusammen die Moldy Peaches bildeten, rücken nach und nach auch andere Namen in den Fokus der breitenwirksamen Betrachtung. Herman Düne zum Beispiel oder eben Jeffrey Lewis, der mit seinem Bruder Jack (Bass) und David Beauchamp (Schlagzeug) weitestgehend unter seinem eigenen Namen unterwegs ist. Jetzt also ein Coveralbum der britischen Anarcho-Punkband Crass, die zwischen 1977 und 1984 aktiv waren. Klar, dass man da von Jeffrey Lewis keinen schnoddrigen Punkrock erwarten kann, sondern vielmehr schlichte Folksongs mit Psychedelic-Elementen und stimmungsvollem Kollektivgesang (der Begriff „Chor“ erscheint in diesem Zusammenhang unpassend). Weil sich Lewis mit Crass hervorragend auskennt und offensichtlich viel Liebe in dieses Projekt gesteckt hat, geht vom Geist der Originale nichts verloren. Im Gegenteil: die ruhigen Stücke lenken den Blick erst recht auf die politischen Texte, die sich hinter Titeln wie „Systematic Death“, „The Gasman Cometh“, „Do They Owe Us A Living“ oder „Demoncrats“ verbergen. Gute Songs verfehlen ihre Wirkung eben nie – egal ob mit akustischer oder elektrischer Gitarre. Das hat zur Folge, dass „12 Crass Songs” auch als ganz normales Jeffrey Lewis-Album funktionieren würde ohne jeden Crass-Bezug und wegen eben jenem aber zu etwas ganz besonderem wird. Dafür sorgt auch der witzig gestaltete Comic, in dem Jeffrey Lewis aufzeigt, wie er Crass kennen und lieben gelernt hat. Dieser offenbart einen persönlichen Blick auf auf den Künstler selbst und stellt gleichzeitig dem Hörer und Leser die Geschichte von Crass vor. Lewis startet 1993 als langhaariger Hippie und vollzieht bis 2006 einen Wandel mit formvollendeten Geheimratsecken. Das erzeugt eine unglaubliche Bindung zu dieser Platte, selbst wenn man sich nicht wiedererkennt. Wäre der Begriff nicht so seelenlos besetzt und würde genau in die falsche Richtung führen, man könnte bei dieser Veröffentlichung glatt von einem perfekten „Gesamtprodukt“ sprechen.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 42:11 / Anti-Folk

Autor:

 

Jeffrey Lewis - Williamsburg Will Oldham Horror

 

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