Wegweiser durch sellfish.de

independent online music  |  info@sellfish.de

PeterLicht

Melancholie und Gesellschaft

PeterLicht.jpg

PeterLicht veröffentlicht ein neues Album und das Feuilleton steht Schlange. Nach viel gelobten Büchern, dem ausgezeichneten Album „Lieder vom Ende des Kapitalismus“, einem Auftritt in der Harald Schmidt-Show und der Krönung durch den Bachmann-Publikumspreis, ist PeterLicht mit neuem Album und neuem Buch zurück und knüpft mit „Melancholie und Gesellschaft“ da an, wo der Vorgänger aufgehört hat.
Weil der Kapitalismus, die dumme Sau, nämlich immer noch nicht wie zuvor eindringlich beschworen am Ende ist, gehört Kritik auch auf „Melancholie und Gesellschaft“ zum guten Ton. Da wird in „Marketing“ mit Verben der alltäglichen Ausbeutung jongliert, „Stilberatung (Restsexualität)“ ist ein klarer Appell und sprachlich noch eindeutiger, als es PeterLicht seit jeher ist und „Alles was Du siehst gehört Dir“ ist vielleicht die schönere Verpackung für die alte Parole „Alles für Alle“. Einerseits ist PeterLicht also sich und seinem Stil treu geblieben, andererseits gibt es doch deutliche Veränderungen im Vergleich zum Vorgänger „Lieder vom Ende des Kapitalismus“. PeterLicht setzt jetzt bei den Refrains vor allem auf den weltumarmenden Charme, den bereits der Titelsong des Vorgängers aufwies. In diesem Kontext zitiert er sich sogar einmal direkt, wenn er in „Heimkehrerlied“ noch einmal kurz seinen „vorbei, vorbei“-Abgesang anstimmt. Ansonsten nimmt auf „Melancholie und Gesellschaft“ das Klavier einen viel größeren Platz ein und verdrängt die Gitarre ein wenig in den Hintergrund. Bei einem Stück wie „Räume räumen“ macht das Sinn, an anderen Stellen wirkt die Instrumentierung ein wenig deplaziert. Dafür klingt „Melancholie und Gesellschaft“ deutlich runder, mehr wie aus einem Guss. Auch mehr nach Pop, man möchte fast das böse Wort „massentauglicher“ in den Mund nehmen, allerdings offenbart ein Blick auf die Tracklist, dass hier nichts mit Vorsatz auf Format gebügelt wurde, denn schlanke Dreiminüter fürs Radioprogramm sucht man vergebens. Im Gegenteil: Potentielle Hits wie „Alles was Du siehst gehört Dir“, „Marketing“ oder das „Trennungslied“ werden mit Spielzeiten jenseits der Vier-, Fünf- und Sechsminutengrenze nach Hause gefahren, was wieder einmal den textlichen Anspruch PeterLichts unterstreicht. Die Songs sind erst dann aus, wenn die Poesie verstummt und wenn PeterLicht mehr zum Thema eingefallen ist, dann muss das eben auch raus und richtet sich nicht nach Vermarktungskriterien. Das Album wird trotzdem den entgültigen Durchbruch für das Konstrukt PeterLicht bringen und das ist gut so.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 46:18 / Pop

Autor:

 

verwandte Artikel bei sellfish.de:





ERROR!