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Seachange

Disband in Bonn 2007 - Live

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Es ist Mitte März. Zusammen mit einer Freundin hänge ich am Telefon und zusammen versuchen wir eine Lösung für ein ganz dringendes Problem zu finden. Seachange spielen am 24. März in Bonn ein Konzert und es ist ihr letztes. Wir müssen da hin, aber nach einer Stunde auf bahn.de steht fest. Zu weit, zu teuer. Es ist eine Schande und dass sich die Band auflöst sowieso.
Über die letzten Jahre war die Band aus Nottingham zu einem treuem Begleiter geworden. Vor allem für die eher melancholischen Stunden, aber auch fast immer im persönlichen Konzertkalender. Los ging das nachdem das fantastische Debüt „Lay Of The Land“ 2004 auf dem legendären Label Matador Records erschienen war. Da fing sie an die Faszination für diese erfrischende Mischung aus Noise, Indierock, Folkpop und tollen Lyrics. Dann brannten Seachange auf dem Immergut Festival ein echtes Feuerwerk von einem Auftritt ab. Spätestens jetzt war man gefangen in ihrem Bann. Die nächste Tour führte einen nach Schorndorf und Heidelberg. Zwei Tage am Stück, zweimal die gleiche Setlist, zweimal unglaubliche Glücksgefühle. Am ersten Tag die Annäherung in Form eines Interviews, am zweiten Tag gab man dem angeschlagenen Sextett Schnaps aus und tauschte Email-Adressen. Dann erst einmal Funkstille, bis zu der Nachricht: Violinistin Johanna ist raus. Schwanger. Vater des Kindes ist Gitarrist Adam Cormarck, der eine der goldenen Regeln des Rock’n Roll missachtet hat. Multiinstrumentalist Neil Wells (auch Escapologists) steigt ein und zusammen will man ein fulminantes Doppelalbum aufnehmen. Die Idee scheitert, doch das Ergebnis in Form von „On Fire, With Love“ und elf weitestgehend ergreifenden Songs ist dennoch großartig. Weniger Krach, mehr Indiepop. Wieder trifft man sich auf Tour, diesmal in Stuttgart und geht erst auseinander als die Kühlschränke des „Schocken“ keinen Tropfen mehr hergeben. Die grenzenlose Euphorie des Abends teilt man später mit der Kloschüssel. Noch einmal haben sie ihre traurigen, aber kraftgebenden Stücke gespielt. Songs, bei denen man schnell gemerkt hat, dass sie bleiben werden. Wochen, Monate, Jahre, vielleicht sogar ein Leben. Das interessiert trotzdem nur Wenige – vor allem in England, wo die Band nach der Trennung von Matador keine neue Heimat findet und schließlich ein eigenes Label gründet. Reich wird man so natürlich nicht und als es Bassist James Vyner nach London zieht und Adam Cormack feststellt, dass es Zeit wird im Sinne der Familie etwas mehr oder überhaupt mal Geld zu verdienen, wird klar. Das Ende ist gekommen. Eine Geschichte, wie sie jedes Jahr so oft vorkommt, aber leider bei einer Band, wie es sie keineswegs oft gibt. Seachange spielen besagte letzte Show in Bonn und der WDR Rockpalast hält es fest. Dreieinhalb Jahre nach dem Debüt erscheint „Disband in Bonn 2007“. Ein Live-Album, das die Klasse dieser Band noch einmal auf den Punkt bringt. Und wer sich die beiden bisher unveröffentlichten Songs „Half A Love“ und „Personal Assistant“ anhört, weiß: Diese Band war musikalisch noch lange nicht am Ende. Es ist eine Schande.

-- / Spielzeit: 55:47 / Indie

Seachange - Glitterball

 

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