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The Robocop Kraus

Blunders And Mistakes

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Nach den Touren zu „They Think They Are...“ wäre einem fast entgangen, dass The Robocop Kraus kurz vor dem Ende standen. Bassist und langjähriges Mitglied Tobias Helmlinger stieg aus und das Label konnte plötzlich keine Perspektive mehr bieten. Trotz toller Alben und Kritiken, war der große Erfolgsknoten immer noch nicht geplatzt. Doch der Fünfer hat sich mit Peter Tiedeken wieder komplettiert und sich fürs Weitermachen entschieden.
Auch The Robocop Kraus gehörten zu den zahlreichen Bands, die sich nach dem Ende von L'ado eine neue Heimat suchen mussten. Nicht ganz einfach, wenn man zwar seit Jahren auf höchstem Niveau musiziert und dabei trotzdem nie reich geworden ist. Umso schöner, dass man inzwischen mit ANTI eine geschmackvolle Heimat gefunden hat und vorläufig einen Platz neben Tom Waits und Nick Cave einnimmt. Und als müsste man mit der neuen Platte beweisen, dass man nicht nur eine hervorragende Live-Band ist und jede Menge smarter Tanzflächenfüller schreiben kann, veröffentlichen The Robocop Kraus ihr vielleicht bestes, weil tiefgehendstes Album. Das schöne daran ist, dass „Blunders And Mistakes“ auf zwei Ebenen wunderbar funktioniert: Die zwölf Songs lassen sich einerseits prima oberflächlich als Stimmungsmacher im Vorbeigehen hören, bieten aber andererseits so viele Ideen, dass es auch noch dem 30. Hördurchgang nicht langweilig wird. Wer sich „Blunders And Mistakes” intensiv anhört, wird merken: So eine Platte kann nur eine Band raushauen, die über Jahre hinweg offen durch die Welt gegondelt ist. Eine Band, die nicht ihr erstes Album aufgenommen hat, eine Truppe, die unzählige Konzerte gespielt hat und vielen musikalischen Spielarten neugierig gegenüber steht. Vom Posthardcore, zum Postpunk, zu Wave und Indie, um am Ende in ganz großen Lettern POP über ihr Dach zu schreiben. Natürlich nie die plumpe Art von Pop, sondern die mir Charakter. Verziert durch kleine Fehler, Ecken und Kanten. Gesorgt hat dafür vor allem Mischer Adam Lasus (auch Clap Your Hands Say Yeah), der das wieder kaputt gemacht hat, was zuvor Produzent Tobias Levin (u.a. Kante, Tocotronic) perfektioniert hatte. Fühlt man sich beim Erstkontakt vielleicht von mancher Melodie und einigen Keyboardtönen noch peinlich berührt, kehrt sich das bald in Staunen um. Die fünf Herren trauen sich was und als Hörer kann man sich nun entscheiden, ob man mit der Band wachsen will oder ob man immer noch den alten Discopunkkrachern hintertrauert. Kann man natürlich machen, aber dann würde einem viel entgehen. Zum Beispiel der unglaubliche Synthie-Wave-Pop-Song „Chances“, das basslastige und textlich hoch politische „Gibraltar“ oder die bezaubernde vom Gospel inspirierte „Altherrenmusik“ (O-Ton von der Band) bei „Ease The Pain“. Beim grandiosen „Snake“ scheppert Pavement durch, der Titelsong kommt locker aus der Hüfte und offenbart ein zielsicher kaputt geschossenes Gitarrensolo, sowie eine gesangliche Meisterleistung aus der Teilzeit-Doppelspitze Thomas Lang/Betty Mugler. „Standing In The Punchline“ überrascht mit Banjo und wer zu „Automotive Man“ nicht tanzen kann, ist hier eh falsch. The Robocop Kraus sind für dieses Album einiges an Risiko eingegangen, jetzt darf das bitte auch endlich mal gewürdigt werden.

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 40:57 / Indie / Pop

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